4x4 und ESP (elektronische Helfer) im Ranger AB

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18 Jan 2017 15:24 - 18 Jan 2017 17:03 #1 von MAB
Hi,

hier nun der 2. Teil zum 4x4 beim Ranger ab 2012: ESP und Co.

Wie der zuschaltbare 4X4 beim Ranger funktioniert, wurde ja im 1. Teil beschrieben (siehe Post #2).

Das ESP unterstützt die Stabilität, wenn das Fahrzeug z.B. von der gewünschten
Fahrtrichtung abweicht. Dies geschieht durch das Abbremsen einzelner Räder
sowie ggf. durch eine Verringerung des Motordrehmoments.(=Fahrdynamikregelung, Anhängerstabilitätskontrolle)

Beim Ranger gibt es einige elektronische Hilfen, welche im Prinzip auf dem ESP basieren und unterschiedlich ausgelegt werden:

1. Antriebsschlupfregelung
2. Anhängerstabilitätskontrolle
3. Traktionskontrolle
4. Bergabfahrhilfe
5. Berganfahrassistent


1. Antriebsschlupfregelung:

eine Verringerung des Motor-Drehmomentes, wodurch das Durchdrehen eines oder mehrerer Räder verhindert werden kann (=weniger Antriebsleitung beim mangelnder Traktion)

2. Anhängerstabilitätskontrolle

soll ein Pendeln des Hängers verhindern/abfangen und passt das ESP beim Ranger bezüglich der Anhängelast und dem geänderten Fahrverhalten an

3. Traktionskontrolle

sorgt durch das gezielte Abbremsen einzelner Räder für Vortrieb an der Achse, auch wenn ein Rad der Achse durchdrehen würde und so wegen des offenen Diff. kein Vortrieb mehr vorhanden wäre (simuliert quasi ein Sperrdiff., aber mit max. 50%; kein dauerhafter Ersatz für ein Sperrdiff., da weniger max. Antriebsleistung und zu hoher Bremsenverschleiß/Erwärmung)

4. Bergabfahrhilfe HDC

Das HDC-System arbeitet im Verbund mit dem elektronischen Stabilitätsprogramm
(ESP), um bessere Kontrolle im Gelände,insbesondere beim Herabfahren von
steilen Hängen, zu bieten. Der HDC-Betrieb erfolgt bei Aktivierung vollautomatisch. Während der Abfahrt an einem Berg im Gelände wird die Motorbremsung zur Regelung der Abfahrgeschwindigkeit eingesetzt. Wenn die Motorbremsung allein nicht ausreicht, um die Geschwindigkeit des Fahrzeugs zu steuern,verlangsamt die Bergabfahrkontrolle das Fahrzeug mit Hilfe des Bremssystems.
(Bei Fahrzeugen mit Schaltgetriebe sollte das HDC-System nur im ersten (zweiter geht auch) oder Rückwärtsgang benutzt werden, jeder Gang hat seine eigene voreingestellte Mindestgeschwindigkeit, damit der Motor nicht abgewürgt wird.

Mit einem Automatikgetriebe sollte das HDC-System nur im Modus D, R oder im Sportmodus 1 verwendet werden. Bei Fahrstufe D wählt das System automatisch den optimalsten Gang.)

5. Berganfahrassistent

Der Berganfahrassistent erleichtert das Anfahren an Steigungen, ohne dass der
Einsatz der Feststellbremse erforderlich ist.


Je nach Fahrmodus (2H, 4H, 4L) können nun die einzelnen Hilfen unterschiedlich abgeschaltet werden:

2H:
1 sec. ESP-Schalter drücken: 1., 2. und 3. sind aus

es besteht also die Möglichkeit:

-mit allen Helfern zu fahren,
-ohne Helfer zu fahren (nur mit Traktionskontrolle fahren ist nicht möglich)

4H:
1. Stufe: 1 sec. ESP-Schalter drücken: 1. und 2. sind aus, 3. bleibt an!
2. Stufe: 5 sec. ESP-Schalter drücken: 1., 2. und 3. sind aus

es besteht also die Möglichkeit:

-mit allen Helfern zu fahren,
-nur mit der Traktionskontrolle zu fahren (elektronisches quasi-Sperrdiff.)
-ohne Helfer zu fahren

4L:
1. Stufe: automatisch immer aktiviert: 1.und 2. sind aus
2. Stufe: 5 sec. ESP-Schalter drücken: 1., 2. und 3. sind aus

es besteht also die Möglichkeit:

-nur mit der Traktionskontrolle zu fahren (elektronisches quasi-Sperrdiff.)
-ohne Helfer zu fahren (mit allen Helfern ist NICHT möglich)

Anmerkung: 4. und 5. bleiben immer an (nicht über ESP-Schalter abschaltbar!)


Zur Vereinfachung kann man sagen:

-2H:
entweder alles oder nichts

-4L:
mit oder ohne Traktionskontrolle

-4H:
1. alles an
2. nur Traktionskontrolle
3. alles aus

Im Gelände sind diese verschiedenen Möglichkeiten der Abschaltung der ESP-Helfer sinnvoll, da sie in bestimmten Situationen auch hinderlich sein können:

z.B. 1. Antriebsschlupfregelung:

im Schlamm würde beim Druchdrehen eines Rades das Motor-Drehmoment reduziert werden, also fast keine Leistung mehr an der(n) Achse(n) vorhanden sein und so ein Steckenbleiben provozieren

Mit einem echten elektr. Sperrdiff. ist das ESP in 4L oder beim Ansprechen des Sperrdiff. automatisch aus

MlG

MAB

Quelle:Bedienungsanleitung Ford Ranger 31_12_2013 DEDE13RANog1e

Dateianhang:

Dateiname: ESPund4x4.pdf
Dateigröße:35 KB

Ein Leben ohne Ranger ist möglich, aber unsinnig!

Ford Ranger Limited ExtraCab 2.2 l, 4x4, 150PS, Schalter, 2014 vFL, Sync (1), Yokohama Geolandar G015 265/65 R17
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18 Jan 2017 15:25 #2 von MAB
4H und 4L beim Ford Ranger AB

Wie funktioniert das Ganze technisch?

Der Motor verteilt die Kraft über ein zentrales Verteilergetriebe (VTG) auf Vorder- und Hinterachse, wie bei anderen Allradsystemen auch. Im Gegensatz zum permanenten Allradantrieb findet sich jedoch im Verteilergetriebe kein Differential (=Mitteldiff.), sondern lediglich eine Kupplung, welche nur die beiden Betriebszustände "offen" und "geschlossen" kennt, also keinen Schlupf. Somit können Vorder- und Hinterachse entweder kraftschlüssig verbunden oder komplett getrennt werden. Beim Ranger wird die Hinterachse direkt angetrieben, während die Vorderachse dazu geschaltet werden kann.

Im VTG enthalten ist auch das Untersetzungsgetriebe, welches bei Bedarf die Übersetzung um den Faktor 2,71 reduziert (die Leistung bzw. das Drehmoment an der Achse also mehr als verdoppelt).
Dies realisiert auf den Faktor 2 bezogen bei halbierter Raddrehzahl das doppelte Drehmoment am Rad, und macht Steigfähigkeiten von 45 Grad und (rechnerisch) mehr erst möglich. Es lassen sich alle! Gänge schalten, aber eben mit der Untersetzung.

Beim Ranger gibt es einen Drehschalter über den die eigentliche Betätigung der Stellmotoren im VTG erfolgt.

Es gibt die Einstellungen 2H, 4H, 4L, siehe auch Betriebsanleitung

Die erste Zahl beziffert die Anzahl der angetriebenen Räder, "H" ist die Übersetzung für hohe/normale Geschwindigkeiten, "L" ist die Untersetzung zum langsamen aber kraftvollen Fahren im Gelände. Man sieht schon, dass 2L nicht vorgesehen ist, dies lässt sich aber u.U. durch Umbauten am VTG dennoch realisieren (wie z.B. beim alten Ranger) und kann beim Ziehen von hohen Lasten sinnvoll sein. Aber auch die Hinterachse wird dann alleine mit dem hohen Drehmoment belastet!


Wann sollte ich auf 4H/4L umschalten?

Der ganz entscheidende Punkt des zuschaltbaren Allradantiebes ist weiter oben genannt:

Es gibt kein Mitteldifferential,

Vorder- und Hinterachse (also VR/HR sowie VL/HL, aber nicht HR/HL sowie VL/VR) drehen im zugeschalteten Allradbetrieb immer mit exakt der selben Drehzahl. Das hat keinerlei Nachteile solange man nur geradeaus fährt - in Kurven jedoch legt die Vorderachse einen längeren Weg zurück als die Hinterachse, müsste somit also auch schneller drehen. Durch die feste Verbindung von vorderer und hinterer Kardanwelle im Verteilergetriebe kann sie es aber nicht.

Dies hat zwei entscheidende Nachteile auf die Fahrdynamik:

Das Einbremsen der Vorderachse in Kurven vergrößert den Wendekreis und lässt das Fahrzeug stark untersteuern, die Rückstellkräfte im Lenkrad sind ebenfalls sehr hoch. Weiterhin ist die Bremskraftverteilung nun auf einmal auch nicht mehr frontlastig, sondern zu gleichen Teilen auf beide Achsen verteilt - die Hinterachse neigt also zum Überbremsen.

Zusammenfassend: der zuschaltbare Allradantrieb und Kurven vertragen sich nicht!

Man muss also abwägen, wann man die Traktionsvorteile des zuschaltbaren 4x4 wirklich benötigt oder eben auch nicht.

Dabei ist zu beachten:

Auf festem Untergrund benötigt man zuschaltbaren 4x4 definitiv nicht,
denn dort kommen auch alle 2WD-Fahrzeuge problemlos voran.

Gleichzeitig kann die Verwendung auf festem Untergrund schwere Schäden am Antrieb nach sich ziehen, wenn es nicht gelingt die durch die Drehzahlunterschiede auftretenden Verspannungen im Antriebsstrang durch Radschlupf auszugleichen. Haften die Räder zu gut, gibt irgendwann ein anderes Bauteil nach - und das kann vom Verteilergetriebe über dessen Aufhängung, den Kardangelenken, den Antriebs- und Gelenkwellen bis hin zur Freilaufnabe einiges an teuren Teilen sein.


Was soll man dann mit 4H/4L?


4H/4L dient nicht der Verbesserung der Fahrdynamik (wie z.B. beim Audi Quadro), sondern er hat das Durchkommen in schwierigen Untergründen zum Ziel. Dafür bedarf es keines Mitteldifferentials - denn das würde sowieso gesperrt, um nicht alle Kraft an einem freien Rad verpuffen zu lassen.

Denn auch den Umkehrschluss beachten:

Ein freies Rad bei drei (incl. Mittel-Diff.) offenen Differentialen hätte eine Schussfahrt! zur Folge,wenn man mit der Motorbremse einen steilen Hang hinunter will und ein Rad dabei den Bodenkontakt verlöre und dann keine Motorbremse mehr wirkt.
(Anm.: Hier würde beim Ranger noch die Traktionskontrolle, die Bergabfahrhilfe oder das ESP eingreifen können).

Auf losem Untergrund und im Gelände ist der Zuschalt-Allrad mindestens genauso gut und brauchbar wie jeder andere 4x4.
(auf der Straße darf man ihn zwar nicht verwenden, benötigt aber auch nicht zwingend vier angetriebene Räder, was die Mehrzahl der PKW/LKW mit nur einer angetriebenen Achse beweist).

Etwas schwierig wird das bei winterlichen Straßenverhältnissen, wo das Wissen um "ich habe Allrad" eine Überlegenheit über die "normalen" PKW/LKW suggeriert, so aber nur eingeschränkt gültig ist.
Tatsächlich bezieht sich der Vorteil beim Zuschalt-Allrad aber nur auf Anfahren und Durchkommen, die Fahrdynamik s.o. ist eher schlechter - das ist den meisten Fahrern leider nur schlecht zu vermitteln.
Die Verbrauchsreduzierung durch das Abschalten nicht erforderlicher Teile ist mehr grüne Politik. Mit zugeschaltetem Allrad fährt man nicht all zu schnell (ist auch wenig sinnvoll ohne Mitteldifferential), in 4L sowieso nicht.


Was macht eigentlich die Diff-Sperre an der Hinterachse?

Eine 100% Sperre des Hinterachs-Diff. bewirkt, dass das linke und das rechte Hinterrad die gleichen Umdrehungen machen, auch wenn ein Hinterrad in der Luft hängt (durchdreht). Daher gibt es immmer noch die volle Leistung am anderen Rad und man kommt auch in solchen Situationen im Gelände noch weiter.
Ohne Sperre würde das Rad in der Luft voll drehen und das andere hätte keine Leistung mehr, es bleibt also stehen und damit das ganze Auto.

In Verbindung mit einem zuschaltbaren Allrad ohne Mitteldiff. ist bei einer Sperre des Hinterachs-Diff. dann auch noch die Vorderachse angetrieben.

Auch die Vorderachse könnte noch zusätzlich mit einem Diff. gespert werden, was aber nur in sehr extremen Geländesituationen notwendig werden wird. Kurven sind so aber quasi nicht mehr fahrbar, da ja alle 4 Räder fest miteinander "verbunden" sind und die gleiche Umdrehungszahl machen müssen.

Der Ranger kann ein Sperrdiff. durch das ESP/Traktions-Kontrolle simulieren, in dem er das durchdrehende Rad abbremst und so Leistung auf das andere Rad überträgt. Dieser "Trick" reicht um aus den meisten unglücklichen Situationen wieder raus zu kommen.
Nachteil ist, dass nur eine verminderte Antriebsleistung an dem Rad mit Grip ankommen kann und die restliche Leistung der anderen Seite durch die Bremse fast nur in Wärme umgewandelt wird. Also nichts für den Dauerbetrieb. Auch greift die Trakions-Kontrolle erst ab einer bestimmten Raddrehzahl, was ein vorsichtiges Fahren im schwierigen Gelände erschwert.
Wer also sehr oft die Grenzen des Ranger im anspruchsvollen Gelände ausloten will, sollte mit einer oder auch zwei Achs-Diff-Sperren aufrüsten. Ein Mittel-Diff. wird -so weit ich weis- bisher nicht angeboten.

Grundsätzlich ist zu bemerken, dass das Fahren im (schwierigen) Gelände nichts mit dem Fahren auf der Straße zu tun hat und unbedingt in Theorie und Praxis gelernt werden sollte.
Mal eben so ins anspruchsvolle Gelände preschen "weil man ja einen Ranger fährt" ist nicht wirklich zu empfehlen; besonders Steilstellen >25% und Wasserdurchfahrten können sehr tükisch und gefährlich sein.

Und wer nur gelegentlich mal einen Feldweg oder im Wald unterwegs ist, ist wohl für fast alle Situationen mit dem Ranger 4x4 bestens versorgt.
Im Winter oder in extremen Gelände kann man auch beim Ranger an der Hinterachse Ketten montieren, um mehr Grip zu erhalten. Ketten sorgen natürlich dann auch für kürzere Bremswege auf Schnee etc..

Da schon so oft über den 4x4 des Ranger und seine Funktionen hier und auch anderen Orts diskutiert, gerätselt oder auch gelästert wurde, habe ich diese Abhandlung geschrieben. Sollte was nicht richtig beschrieben sein, bitte melden.

MlG
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18 Jan 2017 19:20 #3 von MAB
Hi,

Zusatz-Info bei Anhänger-Betrieb:

Wer einen schweren Hänger aus weichem Untergrund rausziehen muß, kann das in 4H mit Stufe 1 (1 sec. "ESP off") tun, da so das Motor-Drehmoment nicht reduziert wird, aber die Traktionskontrolle erhalten bleibt (ohne Stufe 1: das Drehmoment ist zu gering!), in besonders heftigen Situationen auch mit 4L und Traktionskontrolle (keine Änderung an ESP, da automatisch abgeschaltet), aber dann muß man auf der Straße/bei geringen Fahr-Radien wieder anhalten, um von 4L auf 4H oder 2H zu schalten.
Bei 4H kann man das "im Schwung" beim Schalten erledigen (Kupplung treten, Gang raus, von 4H auf 2H und Gang wieder einlegen, Kupplung loslassen, ohne anzuhalten weiterfahren, analog bei Automatik ohne Kupplung).

MlG

MAB

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08 Mär 2017 23:14 #4 von MAB
Hi,

hier noch eine Info aus der Rep.-Anleitung zum ESP:


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MlG

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