Die letzte Marokkofahrt mit meinem Pickup 2011/2012

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29 Feb 2012 10:07 #1 von Edith
7.12.
Auch heute war ich natürlich schon kurz vor 6 im Büro, um nur ja jede Stunde Urlaub zu sparen. Aber kurz nach 10 hat mich doch nichts mehr gehalten und los gings. Wohnung klar machen, letztes Gepäck ins Auto und ab die Post. Draußen Regen, Regen, Regen. Aber das ist eigentlich gar nicht so schlimm. Der Regen reduziert mich auf die Fahrerkabine, ich sehe nichts außer dem Auto vor mir und die Zeit geht irgendwie viel schneller vorbei, und auch der Spritverbrauch ist bei der langsameren Geschwindigkeit deutlich niedriger. Hin und wieder reißt mal kurz der Himmel auf, aber dennoch ist der Scheibenwischer die ganze Zeit im Einsatz. Und fängt an, schrecklich zu quietschen.
Schon zweimal habe ich auf der Reise nach Marokko in einem Routière an der Landstraße Besancon – Lyon übernachtet. Die Zimmer sind sehr einfach, aber es ist billig und es gibt ein Bad. Und vor allem, direkt an der Straße. Ich kann mich zwar absolut nicht mehr erinnern, wo das war, aber ich muss es einfach finden, liegt ja an der Strecke. Und tatsächlich, 18 km vor Bourg-en-Bresse stehe ich plötzlich davor. Diesmal werde ich mir aber ganz sicher die Koordinaten aufschreiben.
Das Zimmer kostet 28 Euro, 3 mehr als vor 2 Jahren, ist korrekt. Ich gehe ins Restaurant, natürlich bin ich – abgesehen von der Bedienung – die einzige Frau im Laden. Hierher kommen nur LKW-Fahrer, es gibt einen großen Parkplatz, und dort steht mein Pickup sicher zwischen all den LKW. Die Portionen sind riesig hier, große Vorspeisenplatte, Fleisch dreimal so viel wie bei uns, aber kaum gewürzt.
Ein Mann kommt rein, sieht sehr interessant aus mit Pferdeschwanz und Cowboyhut. Interessiert mich. Ich biete ihm an, natürlich auf Französisch, an meinem Tisch Platz zu nehmen. Er entschuldigt sich, kann kaum französisch. Bis ich endlich raus habe, aus welchem Land er ist … ist natürlich ein Deutscher. Berliner, 70 Jahre, Alt-68er, und auf dem Weg zu seinem Landsitz in den Pyrenäen, den er zusammen mit einigen Freunden bewohnt. Ein sehr interessantes Gespräch entwickelt sich, warum nur treffe ich zu Hause nie solche Menschen.

8.12.
In Frankreich darf man nur mit gefülltem Tank ins Bett gehen, will man am Morgen frühzeitig weiter. Vor acht hat keine Tankstelle auf. Der Nebel hebt sich langsam und heraus kommt herrliche Sonne. Südlich von Lyon werden es 19 Grad sein. Blauer Himmel, abgesehen von den dicken weißen Wolken, die die AKWs ausspeien. Noch vor 12 Uhr bin ich am Carrefour von Sète, wo ich so viel Wein einkaufe, dass ich bestimmt Ärger mit dem Zoll bekomme. Und kurz danach bin ich am Gare Maritime, hier wartet „meine“ Marrakech auf mich. Wie schön. Ich dachte eigentlich, eine andere, ältere Fähre würde die Strecke Sète – Nador fahren, das ist eine schöne Überraschung. Denn die Marrakech war damals im Jahr 1986 die erste Fähre, die mich nach Marokko brachte.
Und nun heißt es warten. Erst um 5.30 Uhr wird gebordet.
Sète ist ja schon fast Marokko. In manchen Gebieten ist die Bevölkerung fast 100% marokkanisch. Ob es die Teleboutique ist, in der ich meine Emails checke, im Bistro steht ein Mann in blauer Djellabah vor dem Tresen, und in der Bar sitzt ein Mann neben mir, der nicht wie es ein Deutscher tun würde, seine selbst gekauften Nüsschen alleine futtert, sondern an alle Gäste in seiner Reichweite verteilt, alle sind aus Marokko. Auch ich bekomme was ab.
Zurück vor der Fähre muss ich feststellen, dass diesmal auch die Passagiere vollkommen marokkanisch sind. So rein habe ich das bisher noch nie erlebt. Null Touristen, schon gar keine Wohnmobile. Und die 110 Fahrzeuge lasten das Schiff, das sonst mehr als 300 fasst, auch nicht aus. Aber für uns ist das natürlich klasse, alles geht schneller, und ich bekomme doch – nicht wie sonst als Geländewagen ohne Aufbau das fürchterliche Oberdeck, von dem man als allerletzte rauskommt – tatsächlich einen Platz unten direkt vor der Ausfahrt. Na, das lässt sich ja gut an.
In Ermangelung anderer Touristen freunde ich mich mit Marokkanern aus Limburg an, sind ja fast Nachbarn. Pünktlich geht es auf die Fähre, pünktlich legt sie ab. Vom Personal erfahre ich, dass tatsächlich die von mir ungeliebte Marrakech Express normalerweise diese Strecke fährt, aber die mal wieder mit Motorschaden ausfällt. Und meine Marrakech einspringen musste, wie schön. An Bord lächele ich vor Freude alle Leute an und alle lachen zurück, ist richtig toll.
Aber wenn man die Fähre wie ich seit 25 Jahren kennt, dann sieht man auch, wie sehr sich alles verschlechtert hat. Nicht mehr wie früher 4 Gänge, keine Menükarten mehr, keine marokkanische Teebar, die Handtücher kommen erst nach dem Essen auf die Kabine …. Ich könnte noch vieles aufzählen, aber gespart werden muss halt überall.

9.12.
An diesem Tag auf See sind das einzige Ereignis die Formalitäten, die schnell gehen, weil kaum Leute an Bord. Der Zollbeamte erstaunt mich, er kontrolliert nur, ob das grüne Formular für das Fahrzeug richtig ausgefüllt ist, fertigt es aber nicht ab und speichert auch die Daten nicht in den Computer, obwohl er den dabei hat. Dafür einen Mann mitzuschicken erscheint mir doch etwas übertrieben. Beim abendlichen Aperitif, zu dem mich eben dieser Zollbeamte einlädt, erfahre ich, dass man das so macht, wenn wenig Betrieb ist. Dann werden die Erfassungsarbeiten im Hafen erledigt.
Ein Blick auf mein GPS – man muss ja den Käptn immer mal kontrollieren, zeigt eine erstaunliche Entdeckung. Während wir zu Anfang – und auch auf allen meinen früheren Fahrten mit der Marrakech – etwa 35 km/h zurückgelegt haben, sind es nun nur noch 20 km/h. Und das wird auch bis Nador so bleiben. Der Grund ist wohl, dass wir mit der höheren Geschwindigkeit etwa um 3 Uhr nachts im Hafen gewesen wären. Aber die normale Ankunftszeit ist 8.30 Uhr, schließlich gibt’s vorher ja auch noch Frühstück. Und die lahme Marrakech Express, die diese Strecke normalerweise fährt, schafft auch kaum mehr.

10.12.
Das war die schnellste und freundlichste Abfertigung im Hafen, die ich je in Marokko erlebt habe. In weniger als 15 Minuten war ich durch. Und der abendliche Aperitif mit dem Zollbeamten hat geholfen, die 6 Flaschen Wein durchzubringen, die offen zu sehen waren. Die anderen Vorräte waren woanders versteckt. Aber man hat sich eigentlich überhaupt nicht dafür interessiert, was ich dabei habe.
Nach einem kurzen Stadtrundgang geht es gleich weiter nach Tibouda. Auf dem Schiff sprach ich mit Marokkanern aus Nador, keiner kannte Tibouda, das nur 40 km von Nador liegt. Und dabei doch unglaublich schön ist. Aber die Asphaltstraße, die diese Landzunge erschließt, gibt es erst seit wenigen Jahren, genauso lange wie den elektrischen Strom. Was man aber nicht so einfach bauen kann ist genügend Wasser. Das Wasser in den Brunnen ist salzhaltig, so ist man zum Trinken und für die Landwirtschaft auf den spärlichen Regen angewiesen, und es reicht kaum zum Leben. Immer mehr Menschen sind abgewandert. Die Straße führt direkt bis ans Kap, dort steht der mächtige, von den Spaniern gebaute Leuchtturm, der die Schifffahrt an dieser gefährlichen Landzunge leiten sollte. Obwohl die Bedeutung im Zeitalter des GPS schwindet ist er immer noch besetzt. Man kann die Treppen zum Haus hinaufsteigen und die umwerfende Aussicht auf die Buchten genießen. Tief unten fahren die Fischer mit kleinen Booten aufs Meer.

Auf dem Foto kann man erkennen, woher der Name kommt, die Felsen erstrecken sich gabelförmig ins Meer.
Tibouda selbst liegt schon 2 km vor der Landspitze. Direkt am Strand sind die alten Fischerhütten, die Einwohner haben sich nun neue Häuser direkt an der Straße gebaut und vermieten diese alten Hütten leer an Angler, hauptsächlich Wochenendbesucher aus Melilla. Ich finde Abdissalam recht schnell, er ist gerade dabei, mit zwei mageren Eseln ein steiniges Feld zu pflügen. Nette Aufnahme bei der Familie und klar gibt es am Abend Fisch.


11.12.
An diesem Tag entdecke ich eine weitere schöne Landschaft, die sich zusammen mit Tibouda herrlich zu einer Route zusammenfügen lässt. Aber darüber kommt dann alles in meinem neuen Band Ostmarokko, nur so viel kann ich sagen, es geht zum Berg Gourougou und der lohnt sich. Der Tag war vollgepackt mit Arbeit, so gibt es nur wenig zu berichten. In Saidia auf dem Marjane-Parkplatz traf ich ein deutsches Paar mit 4x4-Wohnmobil (Neid kommt auf, das hätt ich gern). Es ergab sich ein nettes Plauderstündchen, das ich gerne fortgesetzt hätte, aber wie immer ist die Zeit zu kurz.
Am Abend dann in Oujda eine weitere interessante Begegnung. Aus dem Internet hatte ich von einer Gite gelesen, 10 km außerhalb von Oujda. Es klang sehr interessant, aber ich habe vergebens versucht, den Inhaber telefonisch zu erreichen. Hier in Oujda hats dann endlich geklappt und wir trafen uns in meinem Hotel. Es ist ein pensionierter Ingenieur für Polygraphie (noch nie so was gehört), er hat in Leipzig zu DDR – Zeiten studiert und spricht daher Deutsch und Russisch. War hier in Marokko Mitglied der kommunistischen Partei. Ein sehr interessanter Mann, der sich nun eine Farm zugelegt hat. Diese werde ich heute besuchen und dabei versuchen, ihn davon zu überzeugen, dort einen Stellplatz für Wohnmobile aufzumachen, ähnlich wie der auf der Koudya Farm bei Taroudannt. Hier im Osten gibt es ja nichts dergleichen, das könnte schon interessant sein. Vor allem, wenn man sich mit dem Inhaber unterhalten kann.
12.12.
Am Morgen habe ich mir die Farm angesehen. Sie ist kleiner als Koudya, aber durchaus geeignet. Noch muss alles erst eingerichtet werden und ist in dieser Saison nicht zu benutzen, aber für den nächsten Winter wird das bestimmt ein interessantes Projekt. Und auf dem Rückweg hab ich mir am Straßenrand Clementinen gekauft. Die Gegend um Oujda ist berühmt für seine zuckersüßen Clementinen und ich bin genau in der Erntezeit. 3 DH für ein Kilo, das ist ja wohl geschenkt und wird meine Winterdiät.

13.12.
Das war wieder ein Tag voller neuer Erlebnisse und Abenteuer. Das ist ja das besondere an Marokko, dass ich auch nach 25 Jahren immer noch Neues entdecke. Heute Morgen ging es also zunächst über das Minenstädtchen Jerada nach Guefait. Und das war eine Entdeckung, eine Perle. Dieses Dorf ist ein richtiges kleines Paradies inmitten des kargen Hochplateaus, seine schönen Gärten bilden einen tollen Kontrast zu der umliegenden Steppe. Das Grün des Tales kontrastiert mit den ockerfarbenen Bergen in der Ferne. In der Umgebung gibt es 120 Quellen mit herrlich reinem Trinkwasser, kaum kalkhaltig, es ist als Thermalwasser im Winter nicht nur angenehm warm, sondern auch besonders gut bei Hautkrankheiten. Von allen Seiten kommen die Bächlein und vereinen sich zu dem Fluss Za (auch Oued Cherf = der lebende Fluss), des größten Nebenflusses der Moulouya, der im felsigen Land Höhlen, Schluchten und Wasserfälle bildet und vor allem der Oase einen reichen Ackerbau ermöglicht. Bekannt ist die besonders gute Qualität der hiesigen Oliven, auch Granatäpfel gibt es reichlich.

Guefait ist bisher nicht bei europäischen Touristen bekannt, nur marokkanische Urlauber bevölkern den Ort von Juni bis August. Am Weg hinunter zum Fluss reiht sich dann Bude an Bude, aber die besondere Spezialität sind die Restaurants, wo man mit den Füßen im Wasser speisen kann. Im Winter ist es menschenleer, aber gerade dann ideal geeignet für den deutschen Urlauber. Bei einem Aufenthalt Mitte Dezember 2011 war es sonnig und warm, aber es kann hier auch ganz schön kalt werden, nur Schnee ist sehr selten.
Guefait eignet sich ganz besonders für einen längeren Aufenthalt, es gibt viel zu sehen, und was besonders wichtig ist, es ist nicht nur absolut sicher im Ort, sondern es gibt auch keinerlei Belästigung. Hier kann man sich unter den freundlichen Einwohnern so richtig wohl fühlen. Spazierwege führen in die Gärten, am Fluss gibt es einen Weg zu Höhlen, in dem sich im 2. Weltkrieg Frauen und Kinder versteckt haben, als ihre Männer in die Schlacht gezogen waren. Als Unterkunft gibt es bereits die sogenannten Gîtes, wo man bei Einheimischen wohnen und an ihrem Leben teilhaben kann. An Speisen gibt es auch eine Reihe von lokalen Spezialitäten, die man unbedingt probieren muss.
Natürlich habe ich vorher noch algerischen Diesel getankt. Ich empfehle folgende Stelle: Oujda auf der Straße nach Jerada verlassen. Nach 7 km hört der vierspurige Ausbau auf, genau da ist rechts eine Autowerkstatt und dort bekommt ihr einen 30-l-Kanister mit Diesel für 110 DH. Der Preis ist hier am günstigsten, wird immer teurer, je weiter man von der Grenze weg ist. Apropos Algerien. Als ich aus Saidia ausfuhr, geht ja die erste Strecke parallel zur Grenze. Da war links eine Aussichtsplattform, eine Menge Fahrzeuge parkten, es war Sonntag, und alle schauten nach Algerien, stiegen auf die Mauer und ließen sich fotografieren. Ist die Attraktion, sich dort ablichten zu lassen.

Zurück nach Guefait. Meine Aufgabe war ja, herauszufinden, inwieweit hier im Osten neue Straßen gebaut wurden und wohin man mit seinem Wohnmobil oder MX5 oder was immer man hat, kommt. Ich wollte von Guefait direkt nach Debdou und dann später weiter nach Missour und zu Thomas. Und da ich heute abend euch aus Debdou schreibe, bzw. von der Quelle hoch über Debdou (ja, Maroc Telecom geht hier), ist klar, es gibt eine Asphaltverbindung bis hierher. Wie es morgen dann weitergeht schreibe ich euch morgen abend. Vielleicht.
Hier oben an der Quelle sind ein Forsthaus und eine Herberge. Die gehört einem Franzosen und ich hoffte, ihn anzutreffen. Aber nein, Herberge zu, kein Franzose oder sonst jemand, der französisch spricht und mir den weiteren Weg erklärt. Der Junge, der hier steht, spricht kaum französisch, ich verstehe nur so viel: schwierige Piste. Eine Perle ist aber seine Mutter, Miriam. Auch sie kann kein Wort außer Arabisch, aber wir verstehen uns so weit, dass sie mir Patricks Telefonnummer gibt. Und dann ist alles ganz einfach. Ich schlafe hier in einem der Bungalows, und morgen geht es weiter. Zum Glück habe ich vom netten Hamza in Guefait nicht nur ein Stück von dem herrlichen Käse bekommen, sondern auch ein leckeres hausgebackenes Brot und Wein ist auch noch genug da. Mehr braucht frau nicht.
Was für ein Unterschied zu der Nacht gestern im komfortablen 4-Sterne-Hotel!
Zum Wetterbericht: Immer noch sonnig, blauer geht der Himmel nicht, und 20 Grad.

14.12.
Vor Jahren fuhr ich mal die Piste Debdou – Mahiriya an der Straße nach Missour. Sie war kurz, aber hatte es in sich. Für mich war ganz wichtig, herauszubekommen, ob es diese Piste nach 20 Jahren noch gibt und ob ich die N15 von Debdou erreichen kann. Sagen konnte mir das niemand, da ich niemand fand, der französisch sprach. Aber man nickte und meinte goudronne! Fragt sich nur wohin. Also los. Es stellte sich heraus, dass es diese kurze Piste nicht mehr gibt, aber die neue N19. Sie führt von Taourirt über Debdou nach Tendrara. Die fuhr ich also, und dann gibt es eine Querverbindung zur N15, aber sehr viel weiter südlich. Herrlich einsames Fahren, sehr schnell, weder Polizeikontrolle noch Tankstelle. Aber der Sprit reicht und ich komme sicher in Missour an. Von dort geht eine weitere neue Straße direkt nach Talsinnt und zu Thomas und da sitze ich nun. Thomas lebt schon seit vielen Jahren im „Nomadenland“, hat hier eine große Olivenfarm und noch weitere Aktivitäten und ermöglicht allen Besuchern, die zu ihm kommen, einen Einblick in eine vom Tourismus noch ganz unberührte Welt.

15.12.
Heute habe ich mir mal eine Auszeit genommen. Mal keine Recherche, arbeiten, arbeiten, und Internet gibt’s hier auch nicht. Ich habe Thomas auf seinen Schulbusfahrten begleitet und nachmittags kam dann ein großer LKW angefahren, Knuth mit seinem 4x4-Wohnmobil. Von da an haben wir die Sonne genossen und geschwätzt.
http://youtu.be/4W9vXPcVEIE

16.12.
7 Uhr Sonnenaufgang, aufstehen. Das Auto ist von einer Eisschicht überzogen, eiskalt ist es bei Beni Tajite. Sobald aber die Sonne raus kommt ist es gleich viel angenehmer. Nach einem gemütlichen Frühstück verabschiede ich mich von Thomas, Knuth und seiner Frau. Heute soll es nach Iche gehen.

17.12.
Angekommen, endlich angekommen. Ich bin geflüchtet und endlich zu Hause angekommen. Was ist passiert?
Eigentlich nichts. Ich bin nun eine Woche durch Marokkos Osten gereist, durch Maroc Oriental und hatte sehr interessante Erlebnisse, habe schöne Ecken entdeckt, einen netten Tag mit Thomas verbracht und überall viel interessantes erfahren. Und dennoch, ich war nicht zu Hause, habe mich nicht wohl gefühlt. Und das nicht nur innerlich, sondern teils auch richtig körperlich. So schön es bei Thomas war, sobald die Sonne unterging, war es sehr kalt und die Häuser sind halt gegen die Hitze gebaut, nicht um warm zu halten. Ich habe nur in Oujda in einem guten Hotel gewohnt, sonst in äußerst einfachen Gîtes. Keine Dusche, nicht immer Zähneputzen, dünne Matten, manchmal kein Strom, kein Internet, kalt, einfach ungemütlich. Und nachdem ich in Iche, dem sonst so interessanten Örtchen, nicht mal Zähne putzen konnte und mir den ganzen Abend arabische Zeichentrickfilme anschauen musste (Strom vom Generator, nur das nötigste Gepäck, kein Buch) da wollte ich nur noch weg. Ab in meine Heimat, und das ist sowohl die Gegend um Erfoud als auch um Zagora. Dort sind einfach die Menschen, mit denen ich die beste Verbindung habe.
Also habe ich den ansonsten so interessanten Routenplan krass zusammen geschnitten und bin schnurstracks ins Tafilalet gefahren. Schon in Meski fühlte ich mich wohl. Natürlich haben mich alle Händler umringt, alle wollen ins Buch. Klar kommt keiner rein. Aber wir haben so viel zusammen gelacht. Es war einfach schön. Oft gibt es ja Beschwerden über Meski, zu viel Anmache, die Händler zu aufdringlich. Ich denke einfach, es gibt verschiedene Arten von Touristen. Die einen sind kommunikativ, reden mit Händlern oder Bewohnern, sind freundlich, trinken einen Tee mit ihnen und haben ihren Spaß. Und können auch ohne etwas zu kaufen wieder abreisen. Diese Leute sind hier genau richtig. Die anderen wollen ihre Ruhe, sind sich selbst genug, haben Angst, etwas angedreht zu bekommen, die sollen doch lieber etwas weiter auf den Platz Tissirt fahren. So gibt es für jeden den richtigen Platz.
Ja, aber meinen hatte ich noch nicht gefunden. Früher gab es im Ziztal vor Erfoud keine Hotels. Im Internet hatte ich gesehen, dass auch bei Ouled Chaker ein Hotel aufgemacht hat. Ich hatte mich telefonisch angemeldet, musste auch allen Tee in Meski ablehnen, um nicht zu spät dort zu sein und war überrascht, dass es nun eine ganze Anzahl von Auberges in den kleinen Orten am Palmenhain gibt. Aber nichts wie hin zu meiner, dem Vallée de Ziz. Hatte die Leute noch nie gesehen.
So ein herzlicher Empfang. Zuerst wurde der große Heizofen geholt, ich bekam einen Tee im Salon, man unterhielt sich. Als ich dann aufs Zimmer kam war die Heizung schon angestellt, die Badtür extra offen und alles mollig warm. Nimm eine schöne Dusche, erhol dich und was willst du zu Abend essen? Ach, das ist doch mein Marokko. Und den Pickup fahren die netten Leute auf seinen Parkplatz, valet-parking nennt man das in USA. Und als wir nach dem Essen ins Erzählen kamen stellte sich heraus, dass wir so viele gemeinsame alte Freunde haben, dass einige davon sogar schon nicht mehr leben. Und die gleichen Pisten kennen und überhaupt.
Ich bin daheim.

19.12.
Hier in Erfoud ist es doch wirklich angenehmer als in Beni Tajite. Man kann bequem am Abend im Sweatshirt durch die Straßen bummeln. Trotzdem ist der Hotelgarten am Morgen von einer dünnen Reifschicht überzuckert. Es ist halt doch kein Sommer. Interessant sind die Farben der Palmenhaine, die ich nur tiefgrün kenne. Dottergelb leuchtet nun dazwischen das Herbstlaub der Obstbäume. So, nun geht’s auf zum Erg Chebbi und zu neuen Abenteuern.

Gute Fahrt
Edith

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29 Feb 2012 10:10 #2 von Edith
20.12.
Heute hatte ich wieder ein nettes Erlebnis. Auf meiner ziemlich ermüdenden Tour durch die Herbergen am Erg Chebbi kam ich auf eine Rezeption zu, kein Mensch da. Um die Ecke hörte ich Stimmengemurmel, ich schaute herum und da saß eine Gruppe von Männern beim Essen, so wie es hier üblich ist, nicht wie man es den Touristen vorsetzt: alle um eine Schale, alle mit den Fingern, und das Essen sah sehr lecker aus, viel besser als im Restaurant. Und schon sprang einer auf: „Edith!“ Und zog mich zum Tisch. Wohin ich auch gehe, man kennt mich. Es war Ahmed aus Tafraoute, er hat dort eine Reiseagentur. Zuletzt habe ich dort Erika und Astrid Därr in seinem Büro getroffen. Wir haben richtig schön gespeist und geplaudert.
Übrigens fragt man ja hier bei der Begrüßung, wie es geht, wie der Familie, den Kindern, dem Geschäft und ewig so weiter. Neulich hab ich mir einen Spaß gemacht und gesagt, Eltern sind tot, Kinder krank, Kamele weg gelaufen. Jeder sagte nur, kulchi labass, bechar, hamdullilah, alles gut, bestens, gedankt sei Gott.
Was das Wetter betrifft: am Tage herrlicher Sonnenschein, 20 – 22 Grad, nach Sonnenuntergang kühl, aber auszuhalten. In dieser Jahreszeit haben die Dünen eine viel goldener Farbe als im Sommer.

21.12.
Was für ein Tag! Und Diät kann man hier sowieso nicht machen.
Aber der Reihe nach. Die Nacht verbrachte ich im Guesthouse Merzouga, sehr schöne Zimmer dort, netter Inhaber, aber weder gab es Tamtam am Abend noch so einen lustigen Inhaber wie Mohammed am Erg Chebbi. Aber dafür ein französisches Paar. Als der Mann erzählte, dass er Mazdas verkauft, habe ich ihm gleich mein Buch vom Kamel Ali gezeigt, der ja schließlich mit einem MX5 nach Marokko gereist ist, seine Frau hat es mir sofort abgekauft. Und Ali begleitet mich natürlich auch.
Am Morgen dann ging es weiter, von Auberge zu Auberge. Wie oft ich die Einladung zum Tee abgelehnt habe kann ich kaum zählen. Alle halbe Stunde, immer wenn ich so schön im Gespräch war, klingelte das Telefon und einer meiner Merzougafreunde fragte, wo ich denn wäre und wann wir uns sähen. So gern ich sie alle habe, es nervt, denn ich muss ja auch arbeiten. Dann ein neuer Anruf, Mohammed ist ein Lehrer für Englisch in Rissani, er hatte nicht die geringste Ahnung, dass ich im Land bin und hat einfach mal meine Nummer gewählt, und siehe da, wir sind beide in Merzouga. Also haben wir uns dann für später im Le Petit Prince verabredet, das ich sowieso besuchen will.
Ich fuhr zu Ali im Ksar Bicha. Ich versprach ihm, am Abend bei ihm zu übernachten. Weiter geht’s. In Merzouga Zentrum kam ich zu dem kleinen Auberge-Restaurant, das ich seit 2005 nicht mehr besucht hatte. Aber natürlich erkannte mich der Inhaber sofort. Das Haus war voller Männer und ziemlich schnell erfuhr ich, dass der Vater vor 3 Tagen verstorben war und dass daraufhin alle Verwandten und Freunde für 3 Tage kommen, um die Trauerfeier mit viel Essen zu begehen. Und sofort wurde ich eingeladen. Die Frauen saßen in der Küche zusammen, aber ich bekam natürlich den Ehrenplatz bei den Männern und habe in ihrem Kreis mit den Fingern aus der gemeinsamen Schale gegessen. Mir gefällt das sehr viel besser als das Restaurantessen, wo man das Tajine erst auf den Teller schaufelt und die leckere Soße ihren Geschmack einbüsst. Und natürlich wurde ich immer wieder vom Klingeln des Telefons unterbrochen, es war echter Stress.
Dann aber traf ich Mohammed im Petit Prince, es waren auch einige Wohnmobile dort. Leider haben sie nun als Abgrenzung zu den Dünen einen Bambuszaun gezogen, es ist nicht ganz so romantisch wie früher, aber ich kann es verstehen, denn die Quadfahrer sind immer durchgesaust. So ist mehr Ruhe.
Nebenan im Les Roches ist dagegen der freie Zugang zu den Dünen immer noch gewährleistet. Und siehe da, zwei deutsche und ein elsässer Mobil haben eine Wagenburg gebaut. Und die Deutschen sind aus Taunusstein, wo wir uns auch schon getroffen hatten. So ein Zufall. Wir trinken einen Pastis zusammen und die Sonne geht unter. Ich will endlich zurück ins Ksar Bicha, denn normalerweise gehe ich am Spätnachmittag zurück ins Hotel, um alles auszuschreiben. Auf der Durchfahrt in Merzouga werde ich angehalten, Ali Mouni, der schon dauernd angerufen hatte, steht da und lädt mich zu einem Sundowner ein. Na, die Sonne ist zwar schon down, aber ich willige ein, denn wie oft schon haben wir beide auf dem Hügel über dem Flamingosee gesessen und einen Drink genommen. Ach ja, die guten alten Zeiten, darüber lässt es sich herrlich plaudern.

Als ich endlich ins Ksar Bicha komme hat Ali mit dem Essen auf mich gewartet und wir speisen sehr gut. Schüssel über Schüssel wird aufgefahren, wie war das mit der Diät?

24.12.
Von Merzouga sollte es über Taouz und Tafraout nach Tagounit – Mhamid gehen.
Mohammed Ouattou ist als Nomade geboren, seine Familie zieht noch immer über die Wüstensteppen zwischen Taouz und Ouzina in Südmarokko, nahe der algerischen Grenze. In seiner Jugend hütete Moha die Schafe und Ziegen der Familie und konnte nicht in die Schule gehen, schreiben und lesen lernen. Aber dafür kennt er die Wüste in- und auswendig, jeden Halm, jeden Brunnen und jeden Weg. Nun lebt er mit seiner Familie in Taouz, einem Militärposten nahe der algerischen Grenze und steht Touristen, die mit ihrem 4x4 unbekannte Wüstenpisten fahren wollen, gerne als Führer zur Verfügung. Und hat ganz gut französisch sprechen aufgeschnappt.
Ich habe Moha schon im Jahr 2009 kennen gelernt. Ich war in Zagora und wollte nach Taouz, was ich schon oft alleine getan hatte. Dazu musste ich aber das Oued Rheris kreuzen, und es bestand die große Möglichkeit, dass das Oued nach starken Regenfällen im Norden so viel Wasser führte, dass die Durchfahrt unmöglich ist. Ich habe viele Kontakte in der Gegend, rief viele an, aber keiner konnte mir genau sagen, wie die Lage ist. Aber einer, ein Englischlehrer aus Rissani, dessen Bruder die Familienauberge in Ramlia führt, wusste, dass Moha Ouattou sich gerade in Zagora aufhält und zurück nach Taouz möchte.
Ich rief ihn an, er bestätigte, dass viel Wasser da ist. Aber ein Wasserlauf in der Wüste ist etwas kurzzeitiges, man kann nicht voraussagen, wie es in einigen Stunden sein wird. Wenn es im Norden stark regnet, kommt das Wasser zu einer bestimmten Zeit im Süden an, ebbt dann aber auch wieder ab.
Moha stimmte also zu, dass wir die Tour zusammen machen. Unterwegs trafen wir drei Toyotas, der Franzose Patrick, der den Marathon de Sable vorbereitet, war mit einigen Helfern unterwegs. Sie wollten die gleiche Piste fahren wie wir, machten zunächst aber ein zünftiges französisches Dejeuner mit Rotwein. Wir fuhren nach einem Gläschen weiter. Kamen am Nachmittag an das Oued Rheris. Voll bis obenhin. Für meinen Ford Ranger keinesfalls ein Durchkommen möglich. Während wir so dem stark brausenden Wasser zusahen kam Patrick mit Staubfahne angedüst. Nun standen 7 Männer, 4 Fahrzeuge und eine Frau etwas ratlos vor den reißenden Fluten. Von der anderen Seite näherten sich zwei Mercedes-Transporter, die vom Souk in Rissani zurück in ihr Dorf wollten. Es wurde alles versucht. Einer kämpfte sich mit einem Seil durch die Fluten, wollte es hinüberbringen, so dass dann die Wagen rüber gezogen werden können. Aber alle Versuche schlugen fehl und am Ende musste jeder auf seiner Seite in der nächsten Auberge nächtigen und hoffen, dass die Wassermassen bis zum nächsten Morgen zurückgehen. Was auf unserer Seite gar nicht so schlecht war. Patrick hatte wirklich alles dabei: Pastis zum Aperitif, dazu leckere Tapas. Fleisch und Gemüse für ein Tajine, dazu Rotwein. Und nach dem Essen schlugen die Jungs auf alles, was sich irgendwie zum Trommeln eignete, es wurde getanzt und gesungen, ein richtiger Ahidous.
Am nächsten Morgen war ich als erste am Fluss. Das Wasser war noch immer hoch und reißend. Mir war sofort klar, dass zumindest an diesem Vormittag kein Durchkommen möglich war, und ich drängte Moha dazu, die Alternative zu fahren, die er vorgeschlagen hatte. Und das war dann das richtige Abenteuer. Meist ohne jede Piste fuhr er querfeldein, kannte jeden Strauch, jeden Nomaden und brachte uns morgens um 11 Uhr sicher nach Rissani. Erst als ich am Nachmittag gemütlich vor der Auberge Touareg saß, fuhren die drei Toyotas von Patrick vorbei. Wie ich vermutet hatte, haben die Männer natürlich noch ein paar Stunden diskutiert, wie man am besten rüber kommt, bevor sie dann doch wie Moha die Alternative wählten.
Da ich damals also mit Moha sehr zufrieden war, wollte ich ihn auch diesmal für die Piste Taouz – Ramlia – Tagounit dabei haben. Wir trafen uns morgens um 8 Uhr an seinem Haus. Er fragte, ob er noch etwas für seinen Vater mitnehmen könne, der immer noch als Nomade in der Wüste lebt. Wir packten einen Sack Mehl und einen unglaublich schweren Sack Datteln auf den Pickup und los gings. Schon etwa 5 km hinter Taouz verließ Mohammed die Piste und fuhr auf einen Berghang, es war eine unglaublich schöne Stelle. Rotgoldene Sanddünen glühten in der Morgensonne, davor eine große ebene Fläche, die auch Patrick für den Marathon de Sable als Standquartier nutzt. Ideal für alle 4x4 – Fahrer zur Übernachtung, das kommt ins nächste Buch. Vom fernen Hügel sahen wir eine kleine Gestalt herab kommen, ein Zelt war nicht zu sehen. Mohas Vater hatte uns schon entdeckt und kam näher. Es ist mir ein Rätsel, wie dieser kleine, hagere Mann, der wohl kaum mehr als 45 Kilo wiegt, nachher die Vorräte hoch schaffen will. Er wollte uns zum Tee in sein Zelt einladen, aber ich wollte weiter, wollte ich doch noch am Abend in Mhamid ankommen und wusste noch nicht, dass daraus nichts werden sollte.

Nur wenige Kilometer weiter hielt Moha schon wieder an. Ich vertraue ihm auf Pisten immer mein Auto an, er ist ein sehr guter Fahrer und weiß am besten, wo es lang geht. Obwohl er nicht lesen und schreiben kann hat er doch seinen Führerschein gemacht (nicht gekauft). Nur wenig entfernt von der Piste sind die Felsgravuren von Tifina. Nicht nur war es interessant, diese zu sehen, von dem Berggrat, auf dem sie sich befinden, hat man eine beeindruckende Aussicht und ich weiß nicht, was schöner ist.

Dann stoppten wir an der Auberge Tazoult, 30 km von Taouz. Nur kurz einen Tee trinken und es geht weiter. Nach Taouz ist ein Sanddünengebiet, Wanderdünen, hier gibt es keine sichtbaren Pisten, nur diverse Spuren. Jeder versucht, so gut es geht über die Dünen zu kommen und die Richtung zu behalten. Ich hatte Moha bereits vor der Tour gesagt, dass mein Wagen nicht sehr gut im Sand ist. Ich hatte vollen Reifendruck und der 4L ist defekt, geht nicht mehr, seit ich in Marokko mal in einem üblen Loch steckte und eine Stunde lang versuchte, wieder raus zu kommen, was dann aber klappte. Ich schloss die Augen und Mohammed fuhr und natürlich kamen wir gut durch.
Nach Ramlia kommt die zweite schwierige Stelle der Strecke, das Oued Rheris ist hier nicht schmal und tief, sondern zieht sich auf mehrere Kilometer Breite dahin, wenn kein Wasser da ist gibt es sehr viel Sand, wenn Wasser da ist kann es sogar sumpfig sein. Auch dies wirklich nicht einfach, aber Moha kennt die besten Stellen und fährt meinen nicht ganz zuverlässigen Ranger sicher durch das Sandgebiet.
Etliche Kilometer vor Tafraout schlägt er vor, die Piste nach rechts zu verlassen, um einen Umweg durch eine schöne Oase zu machen. Ich stimme zu. Wir fahren einen Hügel hinauf, danach wieder Sand. Moha macht einen Schlenker, und zack, wir sitzen fest. Während ich auf Wüstenpisten immer 4x4 einlege, mögen die einheimischen Chauffeure das weniger und setzen 4x4 nur im Sand ein. Und er hatte nicht schnell genug umgeschaltet. Und ich kenne mein Auto, wenn das mal festsitzt, kommt es so leicht nicht wieder raus. Mir schlug das schon auf dem Magen, aber Moha meinte, mach dir keine Sorgen, du bist mit mir, ich mach das schon. Er schnitt die nächsten Büsche ab, legte sie unter. Nichts. Der hier nötige 4L ist ja auch kaputt. Ich ging zurück zur Hauptpiste und wartete ab, wer zunächst die Lösung bringt, Moha mit seinen Büschen oder ich mit einem Hilfsfahrzeug.
Schon lange vorher hörte ich ein sanftes Brummen, und tatsächlich, ein alter Landy kam angefahren. Weit von der Hauptpiste, aber ich lief winkend auf ihn zu und er sah mich. Der Inhaber der Auberge Marabout in Tafraout. Keine Minute zögern, er kam sofort mit und die zwei Männer mühten sich zunächst ab, den Wagen so zu befreien, ließen Luft ab. Ging nicht. Also Abschleppseil dran, den Landy in Position fahren und Luft anhalten. Langsam setzte sich mein Ranger in Bewegung und kam auf harten Grund. Und dann stellte sich heraus, dass zu allem Überfluss auch noch der eine Reifen sich einen Nagel eingefangen hatte und schon vorher ganz langsam Luft verloren hatte. Also wurde er gewechselt.

Aber die übrigen Reifen hatten ja nun auch zu wenig Luft, um weiter auf Steinpiste zu fahren. Moha fuhr zu einer Auberge, von der er wusste, dass es dort einen Kompressor gibt. Doch schon vorher trafen wir einen LKW, die haben hier immer einen Kompressor eingebaut und er pumpte meine Reifen auf. Ist ein guter Tipp für alle, die das mal nötig haben, ein LKW-Fahrer hatte mir auch schon früher mal einen Reifen komplett geflickt, gegen eine alte Jeans.
Inzwischen war es zu spät, um Tagounit noch vor Dunkelwerden zu erreichen. Zwischen Tafraout und Tagounit gibt es nichts, hier sind 90 km Wüste nahe der algerischen Grenze und das Militär überwacht diesen Bereich sehr stark. Im Abstand von 30 – 50 km sind Kameras installiert, die alles überwachen, was sich bewegt. In diesem Gebiet ist auch das freie Übernachten nicht gestattet, ganz davon abgesehen hatten wir auch nichts dabei. Also schliefen wir in einer der zahlreichen Auberges von Tafraout, bevor es am Morgen weiter ging.

25.12.
Nach Tafraout geht es zunächst über den tischebenen Lac Maider. Bei so klarem Winterwetter bietet er nicht die geringste Schwierigkeit, er lässt sich mit großer Geschwindigkeit fahren, das macht richtig Spaß. Immer dem GPS nach, es gibt hier unzählige Spuren. Aber bei Sandsturm, der vor allem im Frühjahr nachmittags häufig ist, ist das eine ganz andere Sache. Dann sieht man überhaupt nichts mehr und am besten wartet man etwas ab. Die weitere Pistenstrecke bringt keine Probleme mehr, ist deutlich zu erkennen. Aber ein Highlight gab es noch für mich. Vor vielen Jahren einmal war ich diese Piste gefahren und kam in ein kleines Örtchen namens Mguid. Dort hatte der sehr nette Dorfchef mit einfachsten Mitteln in seinem Haus eine Auberge geboten. Ich hatte damals zusammen mit einem Freund Tee bei ihm getrunken und immer gute Erinnerungen an dieses nette Erlebnis gehabt. Ich wollte mal wieder dorthin. Mguid liegt ein wenig abseits der Piste, d.h. es gibt zwei etwa gleich lange Alternativen und die eine führt durch das winzige Dorf. Und tatsächlich, alle waren da. Der Chef hat nun eine ummauerte Fläche für Camping vorgesehen, bot uns wie damals sofort einen Tee an. Die Tochter buk gerade das Brot für den Tag und so kam eine Schüssel Olivenöl mit dem noch heißen Brot auf den Tisch, dazu der süße Tee, einfach köstlich. Jeder, der gerade im Begriff war, etwas zu arbeiten, ließ alles stehen und liegen und setzte sich zu uns. Natürlich nur die Männer, die Frauen gingen weiter ihrer Arbeit nach. Und in dem Sinne gelte ich in Marokko nicht als Frau, ich bin immer der Ehrengast und den Männern gleich gestellt.

Wir wollten uns verabschieden, doch dann wollte noch einer mitgenommen werden nach Tagounit, 50 km steinige Piste. Mein Auto kann nur zwei Personen fassen, ist alles zugepackt mit Gepäck. Also ab auf die Ladefläche, staubig zwar, aber ganz gemütlich. Er kam jedenfalls heil und gesund in Tagounit an. Dort musste ich mich auch von meinem treuen, zuverlässigen Führer verabschieden. Aber ich bin sicher, wir werden mal wieder eine Tour zusammen machen und ich kann ihn auch nur jedem weiteren Interessenten sehr empfehlen.
Hier das Video
http://youtu.be/hrThtlGwgNU

26.12.
Und nun bin ich also in Mhamid eingetroffen. Der erste Tag war nicht unbedingt dazu angetan, mir etwas Ruhe und Erholung zu verschaffen. Nach dem Frühstück stand Isolde vom Café Fata Morgana vor der Tür. Aber bevor ich sie richtig begrüßen konnte brachte mir das Zimmermädchen sechs Österreicher, geführt von Martin. Sie kamen mit drei Geländefahrzeugen auf eine Stippvisite vorbei, aber das wichtigste war, dass mir Martin mein Schweizer Messer brachte, das ich bei Thomas vergessen hatte. Es hat mich bei all meinen Marokkoreisen – und nicht nur da – begleitet und ist mein Talisman. Hier seht ihr Martin vor den Fahrzeugen, wobei der Geländewagen ganz rechts nicht dazu gehört. Und noch die ganze Truppe einschließlich Isolde.



Doch damit nicht genug. Nachdem die Österreicher weg waren bin ich mit Isolde ins Städtchen, wir hatten noch viele nette Gespräche. Zum Abschluss fuhren wir zum Café Boussole, es liegt sehr schön auf einem Hügel am Beginn der Piste nach Chegaga. Dort fand ich ein etwas abenteuerliches Wohnmobil samt Anhänger mit deutschem Kennzeichen, dem ich auf der schmalen Straße nach Mhamid schon ausgewichen war. Und wer kochte sich darin sein Süppchen? Saharasepp!
Also, alle klagen hier darüber, dass kaum Touristen da sind. Wenn man den heutigen Tag als Maßstab nimmt kann ich das nicht bestätigen.

Gute Fahrt
Edith

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29 Feb 2012 10:15 #3 von Edith
30.12.
Die Tage hier sind so turbulent, es passiert so viel, jede Minute ist so ausgefüllt, dass ich überhaupt nicht dazu komme, alles aufzuschreiben. Der gestrige Tag war wohl die Spitze der Turbolenz und ich will sehen, ob ich nun genügend Zeit finde, davon zu erzählen.
Ich saß mal wieder beim Frühstück, als draußen vor der Tür Knuth vorbei ging. Knuth, den ich schon bei Thomas getroffen habe. Thomas war ja eine seiner ersten Stationen in Marokko und während ihn nichts umhaut, litt seine Frau noch unter dem Kulturschock und wollte keinesfalls weit in den Süden fahren, nicht „im Sandkasten spielen“. Umkehren und heim nach Europa hätte ihr ganz gut gefallen. Ich konnte sie mit dem Argument, dass es doch dort unten bei Merzouga sehr viel wärmer als bei Thomas ist, zunächst mal umstimmen. Und dann gingen sie draußen am Fenster vorbei. Sonja hat ihren Schock inzwischen überwunden und sich ganz gut eingewöhnt, ich bin sicher, zurück in Deutschland wird sie von dem Marokkovirus infiziert sein. Sie brachten noch zwei weitere Paare mit, ein Nürnberger VW-Bus und ein italienisches Isuzu-Wohnmobil. Wir saßen also gemütlich vor der Kasbah und tranken Tee. Vor dem Haus hatten auch etliche Geländewagen geparkt. Ein Chauffeur stieg ein, fuhr rückwärts raus und auf den Nürnberger VW. Blinker kaputt, Delle in der Seite, Stoßstange ein wenig beschädigt. Damit war der Tag für die sechs Leute gelaufen, denn man darf sich nicht vorstellen, dass so was schnell abläuft. Endlose Diskussionen, der Chauffeur hatte absolut kein Geld dabei und arbeitet auch für eine fremde Agentur, nicht für Sahara Services, denen die Kasbah gehört. Hin und her gings und schließlich holte der Chauffeur, nicht der Geschädigte, die Polizei. Mit dem Ergebnis, dass sein Führerschein einkassiert wurde.
Ich musste aber zum Souk in Tagounit, schließlich ist der nur an einem Tag in der Woche und ich brauchte dringend etwas. Auf dem Rückweg stoppte ich bei Isolde. Ich saß nicht richtig kam eine Gruppe von sechs Deutschen zum Kaffeetrinken. Nicht nur verkaufte ich ihnen gleich ein Buch, ich änderte auch noch ihren Reiseplan und buchte sie in die wunderschöne Casbah des Arts in Agdz ein statt in eine einfache Herberge in Taliouine.
Es war schon Nachmittag, als ich zurück nach Mhamid kam. Knuth und Gefolge waren noch da, die Sache immer noch nicht geklärt. Vom Chauffeur war einfach nichts zu holen, er am weinen, weil sein Führerschein weg war. Da kann nur noch Abdou helfen. Er versprach dem Nürnberger, dass er sich um die Reparatur in Marrakech kümmern wird. Der war dann besänftigt und ging mit dem Chauffeur zur Polizei, damit dort alles geregelt wird und er seinen Führerschein wieder erhält. Um halb sechs am Abend war es dann endlich so weit, etwa sieben Stunden für einen leichten Blechschaden.
Inzwischen rief Isolde an, dass ausgerechnet an dem Nachmittag der Thomas eingetroffen ist, der für ein soziales Projekt in Ouled Driss 7 Notebooks gesammelt hat und sie übergeben wollte. Der Termin war uns vorher nicht bekannt. Ich lud die sechs Wohnmobilleute also ein, mit zu Isolde zu fahren. Dort findet wirklich jeden Abend ein Ahidous statt, ein Abend mit Trommelmusik. Die Jungs trommelten, was das Zeug hielt, war eine tolle Stimmung, Isolde hatte außerdem noch eine Familie, Verwandte aus Deutschland, zu Gast.
Hier ein Video
http://youtu.be/1-w9XlJODFI

Plötzlich kam die Frau von Thomas ziemlich aufgelöst ins Café und fragte nach einem Arzt. Thomas war beim abendlichen Spaziergang in den Dünen so unglücklich gestürzt, dass er sich die Schulter verletzt hatte und sie stark geschwollen war. Er konnte nicht mehr laufen und saß in seinem Bus. Isoldes Verwandte sagte ganz schüchtern, ja, sie wäre Ärztin, aber Tierärztin. Sie ging mit hinaus, wir trommelten, sangen und tanzten weiter.
Nach einer guten Weile kam Thomas auf seinen eigenen Beinen zu uns, gefolgt von der Tierärztin. Sie verarztet nicht nur Tiere, sondern hat auch einen Sohn, der sich ständig die Schulter ausrenkt, war also prädestiniert für die Aufgabe. Thomas wurde mit Schmerztabletten zugepumpt, der Arm eingerenkt und es ging ihm schon besser.

31.12.
Am nächsten Morgen sollten die Notebooks übergeben werden und ich wurde dazu gerufen. Doch so einfach und schmerzlos läuft nichts in Marokko. Die Spender waren bereit, die Dinger gleich anzuschließen, aber es stellten sich einige Probleme in den Weg, die uns zunächst ziemlich unklar blieben. Zuvor besichtigten wir aber mal den örtlichen Kindergarten. Es gibt einen staatlichen und einen, der durch die örtliche Association gegründet wurde, eben die, die die Computer haben wollte. Und ich war beeindruckt. Ich habe schon viele marokkanische Kindergärten gesehen, staatliche allerdings, und die hier unterscheidet sich sehr stark. Er macht einen netten, frischen Eindruck, die süßen Vorschüler waren gerade im Unterricht, und es gibt Spielzeug und Lehrmittel fast wie bei uns. In einer staatlichen Schule gibt es das all nicht. Ich war mal in Imilchil in einem Kindergarten, um dort zwei Säcke voll pädagogisches Spielzeug abzugeben. Da ich vergessen hatte, Fotos zu machen, fuhr ich noch mal zurück. Der Erzieher hatte alles in einem Raum verschlossen, um es für sich zu behalten, die Kinder hatten als einziges Spielmaterial einen Bleistift und ein Blatt Papier.

Diese Schule hier in Ouled Driss macht also einen super Eindruck. Allerdings suchen sie noch dringend Sponsoren. Wir gingen dann in die sogenannte Bibliothek, wo die Computer aufgestellt werden sollten. Und dort war es dann nicht mehr so super. Der Raum ist in der alten Kasbah, wo auch das sehr sehenswerte Museum ist. Es war ein staubiger, schmutziger Raum, vollgestellt mit allem möglichen, und das Dach undicht. Es waren einige PC – Arbeitsplätze vorhanden, aber es hieß gleich, die seien alle kaputt, arbeiten nicht mehr durch den vielen Staub und das Regenwasser. Mir scheint also, hier ist mehr nötig, als nur neue PCs aufzustellen. Der Verantwortliche des Vereins, genannt Kiki, versprach, eine Putzbrigade aufzutreiben und den Raum zu säubern, am Sonntag sollen dann die Notebooks angeschlossen werden. Eine Internetverbindung gibt es noch nicht, aber das soll kommen. Und wenn man lernen will, mit einem PC umzugehen, gibt es ja noch etwas anderes als das Internet.
Nun ja, wir besichtigten noch das Museums, das einen guten Einblick in das Leben der Stämme im Dratal gibt, und tranken einen Tee zum Abschluss.

Gute Fahrt
Edith

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29 Feb 2012 12:11 #4 von Ford Built Tough
Ford Built Tough antwortete auf Die letzte Marokkofahrt mit meinem Pickup 2011/2012
Was für ein Klasse Reisebericht. :k_green6
Absolut Super. :k_green3

Ich hätte jetzt sofort Lust loszufahren.
Es wäre wirklich schön,wenn Du auch weiterhin Deine Reisen hier posten könntest.

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29 Feb 2012 12:14 #5 von Redneck
Servus Edith!

Klasse!!!! [url]
Dateianhang:
[/url]

Gruß, Jürgen

Toyota Hilux 2.8

www.stoapfaelze...s.com

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29 Feb 2012 13:18 #6 von idealist
Hallo Edith,

sehr gut geschrieben, Danke, dass Du den Bericht hier eingestellt hast.

Gruß René

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29 Feb 2012 14:07 #7 von Edith
weiter gehts ...

1.1.2012
Silvester in Chegaga. Seit Jahren veranstalten meine Freunde von Sahara Services dort eine große Party. Wenn ich auch nicht unbedingt ein Freund von so was bin, so wollte ich mir das doch mal anschauen, um darüber berichten zu können. Es hieß teilweise, dass bis zu 200 Leute dort sein werden und mir graute davor. Zur Sicherheit brachte ich eine Flasche Sekt aus Deutschland mit, der Plan war, um Mitternacht allein auf einer Düne zu sitzen und mit mir anzustoßen.
Zwei Tage vorher kam ein englisches Wohnmobil in die Kasbah, sie wollten evtl. eine Wüstentour buchen. An Bord nicht die typischen Rentner, sondern 5 junge Engländer, darunter zwei Schotten und ein in Südafrika geborener. Zu allem Überfluss hatte der eine Schotte Roma - Vorfahren, war also absolut nicht so, wie ich mir den typischen Schotten vorstelle. Der andere schon eher mit seiner blassen Haus und den hellroten Harren, Gregor McDermot hieß er. Alle zwischen 25 und 30, also ein richtig knackiges Alter. Wir verstanden uns schon an dem Abend prächtig. Ich konnte sie überzeugen, dass es sinnvoll wäre, zwei Nächte in der Wüste zu schlafen und somit die Party mitzumachen.
Am nächsten Abend kamen zwei junge Spanierinnen. Allerdings hören sie das nicht gern, sie bezeichnen sich lieber als Kataloninnen. Und sie sprachen perfekt englisch, was ja selten in Spanien ist. Die eine war Englischlehrerin für Grundschule und Kindergarten und meinte, dass sich das in Zukunft ändern wird, Englisch wird jetzt überall gelehrt. Auch das zwei süße junge Mädchen. Ich konnte auch die davon überzeugen, dass sie die Party mitmachen, was nicht geplant war. Da sie schon früher als ich aufbrachen wies ich sie gleich auf die netten Engländer hin.
Es kam also der Silvestermorgen. Die Mädels und viele andere brachen zunächst mit Kamelen auf, obwohl man Chegaga so natürlich nicht in einem Tag erreicht. Sie sollten später von Geländewagen aufgelesen werden. Ein Wohnmobil aus Hamburg kam angefahren, besetzt mit Mutter, Tochter und zwei Hunden. Die hatte ich schon vorher auf dem Camping Caravan Carrefour kennengelernt. Ich konnte auch sie von der Silvesterparty überzeugen. Abdou muss langsam mal Provision zahlen. Am Nachmittag fuhren wir also mit Abdou in seinem Pickup los.
Abdou hat an den Dünen von Chegaga zwei Camps, ein normales mit Berberzelten und einfachem Sanitärblock und eines mit weißen Zelten, die alle noch ein Babyzelt hinten dran haben mit Bad: Chemieklo, Waschbecken, heiße Dusche. Und Licht. Man glaubts kaum. Breites Doppelbett für mich und das Kamel Ali. Die Hamburger und ich waren in diesem Luxuscamp, die jungen Leute leider nicht. Eine große Bühne war aufgebaut, DJ, Discobeleuchtung, alles da. Der ganze Platz und die umliegenden Dünen waren von Kerzen besetzt, eine traumhafte Kulisse. So wunderschön. Eine Folkloregruppe spielte zum Auftakt, das Feuer wärmte uns.
Und dann kamen sie angebraust, die Geländewagen. Alle Gäste vom anderen Camp. Dem Billigcamp. Genial. So brauchte man nur an einem Platz Musik zu machen und alle konnten zusammen feiern. Laut Abdou waren es 80 Personen zum Essen, mir kam es aber nicht so voll vor, es ist ja auch viel Raum. Aber natürlich zuerst die Begrüßung mit meinen englischen Jungs und den spanischen Mädels, die längst zusammen gefunden hatten. Wir blieben den ganzen Abend zusammen, es war einfach eine unglaubliche Stimmung. Den Schotten konnte ich zunächst überhaupt nicht verstehen mit seinem Slang, aber im Laufe des Abends habe ich mich daran gewöhnt. Und wie wir dann so schön im Zelt saßen, kam ein weiß Gekleideter von der zweiten Folkloregruppe und zog mich mit den beiden Mädels hoch zum Tanzen. Also wer mich kennt, der weiß, wie ungewöhnlich das ist, niemals tanze ich, niemals mache ich was mit. Und ich warf alles über Bord und war locker und vergnügt. Danach legte dann der DJ heiße Platten auf und alle tanzten, auch ich. Die ganze Nacht.
Nein, nicht die ganze. Denn es gab ja auch Essen. Zwei ganze Lämmer wurden gebraten, Mechoui. Dazu gabs Couscous. Die Engländer hatten einen unglaublichen Vorrat an Alkohol, den sie immer nur heimlich nachfüllten. Davon allerdings auch Abdou anboten, und wahrscheinlich gar nicht merkten, dass er ja der Boss von allem ist. Aber Abdou ist da nicht so streng, wenn man auch alles kaufen kann, so hat er doch nichts dagegen, wenn man etwas mitbringt.
Um 23 Uhr kam Hassan, um mir einen Kuss zu geben und Bonne Année zu wünschen. Denn in Deutschland war es ja soweit. Er kündigte aber gleich an, dass er um Mitternacht noch einmal kommen würde. Hassan ist der allerbeste und lustigste Chauffeur, der für Abdou arbeitet und die meisten, die schon Touren bei mir gebucht haben, kennen und schätzen ihn.
Dann aber leuchteten viele Kerzen auf den Dünen in dem Schriftzug 2012. Mitternacht war gekommen. Was dann folgte war einfach unbeschreiblich. Hassan war natürlich der erste, aber danach wurde so viel geküsst und gedrückt wie in meinem ganzen Leben noch nicht. In diesem bunt gewürfelten, internationalen Häufchen wollte jeder jeden umarmen und küssen.
Das schönste an dieser ganzen Nacht war eigentlich die Stimmung. Es war „Eine Welt“, die da gefeiert hat. Menschen von so vielen unterschiedlichen Nationen und alle freundlich und ausgelassen, und keiner maßlos betrunken. Und meine Sektflasche habe ich natürlich mit vielen teilen müssen/dürfen.
Als ich am nächsten Morgen mit meinem siebener Grüppchen zusammen saß, um uns zu verabschieden, wurde genau dies betont, jeder empfand gleich. So schön die Location war, das eigentliche machten die Menschen aus. Abdou hat eine perfekte Organisation, einen perfekten Rahmen geliefert, aber der eigentliche Erfolg des Festes kam von den Teilnehmern selbst.
Ich würde im nächsten Jahr gerne wieder dabei sein!
http://youtu.be/zeMDVuDu28Y

9.1.
Vom 10. – 13. Januar 2012 sollte dann das Treffen des Saharaforums in Mhamid stattfinden. Schon für den 9.1. hatte sich ein Paar mit Wohnmobil angekündigt. Aber zuvor musste ich mit Abdou dringend nach Marrakech zum Einkaufen und drängte auf eine rechtzeitige Rückkehr, schon um 5.30 Uhr brachen wir auf. Ich schlummerte so vor mich hin, als ich im Dratal mal die Augen aufmachte, sah ich ein deutsches Wohnmobil, das eben auf einen Parkplatz fuhr. Wir unmittelbar dahinter, ich schrie dem Fahrer zu, stopp und sprang hinaus. Man glaubt es nicht, aber es waren Helga und Werner auf dem Weg nach Mhamid. Die ersten waren schon gefunden. Und sie hatten bereits in Agdz ein weiteres Paar getroffen, das zum Treffen wollte.
Weiter gings durch Zagora, wo am Ortsausgang wieder ein Wohnmobil stand, aus Leipzig. Drinnen ein einzelner Herr, der völlig verzweifelt schien und nur schimpfte. Was wollen eigentlich die vielen Kinder auf der Straße, haben Sie die gesehen? Tja, Schule war aus. Ich hatte den Leipziger in Meski bereits getroffen und ihm einen Aufkleber vom Treffen in die Hand gedrückt. Und nun war er den langen Weg von Merzouga in einem Stück durchgefahren, ich hatte den Eindruck, weil er hier auf eine einzelne Dame zu treffen hoffte. Er war zwar nicht angemeldet, aber ich erklärte ihm den Weg nach Mhamid.
Und tatsächlich war er der erste, der ankam, kurz danach Helga und Werner. In der kurzen Zeit, die wir dann zu einem Tee zusammen saßen (wer hat den bestellt?!), stellte er sich als solcher Kotzbrocken heraus, der das ganze Treffen geschmissen hätte. Alles passte ihm nicht. Warum ist die Straße nur einspurig? In Leipzig sind alle zweispurig. Unglaublich, was da alles noch kam. Trotzdem drückte ich ihm ein Programm in die Hand, sagte, er könne gerne kostenlos vor der Kasbah übernachten und sich überlegen, ob er teilnimmt oder nicht. Wenn er nun schon mal den langen Weg extra wegen mir gekommen war. Daraufhin zog er sich in seine Burg zurück und richtete seine Schüssel aus. Als ich am nächsten Morgen vor dem Haus stand setzte sich plötzlich sein Wohnmobil in Bewegung und er fuhr ohne Abschied davon. Seufz, plumps, ein Problem gelöst. Hamdullilah.

10.1.
Ich wollte noch den Stellplatz Iguidi Tours erkunden, der am Beginn der Wüstenpiste liegt und den mir ein Leser als Tipp geschickt hatte. Also lud ich Helga und Werner ins Auto und wir machten uns auf die Suche. Und wurden fündig. Das ist mal was ganz anderes als die immerhin sehr schönen Campingplätze in Mhamid, das ist echtes Wüstenfeeling. Zu Beginn 2 km holprige Piste, aber kein Sand. Zu fahren von Wohnmobilen, die sich so was zutrauen. Dann kommt man zu einem wirklich bezaubernden Örtchen, umgeben von niedrigen Sanddünen. Eine große, harte Ebene fasst sicher 20 Gefährte, dazu gehört ein gemütliches, liebevoll eingerichtetes Haus, in dem man auch einfache Zimmer mieten kann, sowie eine Biwakanlage, wo man in Zelten schläft. Der Sanitärblock ist gleich beim Stellplatz und sauber gekachelt, das Duschwasser wird mit Holz geheizt. Ganz besonders hat mir aber der herzliche Empfang gefallen. Die Onkel und Neffen sind noch sehr traditionell, nicht westlich verfärbt, kochen den Tee über einem Holzfeuer und sind sehr nett. Ich denke, hier ein paar Tage zu bleiben ermöglicht einen tollen Einblick in das einfache Leben der Menschen. Und die vielen Musikinstrumente ließen auf gemütliche Abende schließen.
Zurück in der Kasbah erstmal Enttäuschung, was, kein anderes Wohnmobil da? Doch als ich sehr genau schaute, stand da das winzige Gefährt von Sabine und Otto. Das soll ein Wohnmobil sein? Aber Sabine zeigte uns stolz das Innere des Peugeots, ja, alles drin, Bett, Küche, Kühlschrank, alles auf kleinstem Raum und funktionell. Natürlich keine Nasszelle.
Als nächstes kam ein Geländewagen mit Luise, Sigrid, Gerhard und Flo. Und als letzte dann das Wohnmobil, das schon in Adgz gesichtet worden war. Die Truppe war zusammen, rechtzeitig für 15 Uhr, denn da hatte ich eine Überraschung angekündigt.
Jungen und Mädchen wurden getrennt, ich hatte mir das als guten Einstieg gedacht, um sich besser kennenzulernen. Während die Mädels ziemlich schnell rausbekamen, dass es in die Hammam gehen sollte, hatten die Jungs keinen blassen Dunst, was ihnen bevorstand, aber waren für alles bereit. Und als wir dann im Dar Azawad ankamen und sie erfuhren, dass es auf Quads in den großen „Sandkasten“ gehen sollte, da hättet ihr mal sehen sollen, wie ihre Augen geleuchtet haben. Noch keiner hatte so was je gemacht, aber alle hatten es sich insgeheim gewünscht. Leider konnte ich nicht dabei sein und zuschauen, aber als wir abends wieder vereint waren, war klar, das war das Highlight ihrer bisherigen Reise. Ja, Umwelt und so. Alles richtig. Aber einmal sich austoben ist doch auch schön.
Aber auch den Frauen gefiel es in der Hammam. Während die Vierer-Gruppe gerade von einer Hochzeitsfeier in Fes kam und mit der Brautgesellschaft bereits eine traditionelle Hammam besucht hatte, war dies für die anderen neu und auch hier gab es nur Begeisterung.
Zurück in der Kasbah musste ich mal wieder, wie schon den ganzen Tag über, meine Stippvisite in der Küche machen. Mhamid ist nicht unbedingt ein kulinarisches Highlight, und nachdem ich drei Wochen lang immer den gleichen Salat, immer Orangen als Nachtisch bekommen hatte, wollte ich endlich mal ein wenig Pep in die Küche bringen. Mit dem Koch zusammen bereitete ich also verschiedene Salate und einen Obstsalat für den Abend vor, aber der Rest machte der Koch schon selbst. War schön mit ihm zu arbeiten.
Das Essen lief dann erwartungsgemäß gut ab, aber dann kam noch eine weitere Überraschung, eine Musikgruppe, von der selbst ich nichts wusste. Und die ich so auch noch nicht erlebt hatte. Natürlich habe ich schon viele Musikabende in der Wüste erlebt, wo die Trommeln und Kastagnetten gespielt werden, aber hier kamen mit Gesichtsschleier verhüllte Tuareg mit elektrischer Gitarre und Verstärker. Schon ein wenig überraschend. Aber sie haben mich überzeugt. Sie sangen die traditionellen Lieder der blauen Männer in der Berbersprache, die natürlich vom Leben und der Liebe handeln und am Ende hielt es Keinen auf seinem Stuhl.


11.1.
Musik, Musik, Musik. Ich glaube, das ist das Hauptmotto dieses Treffens. Aber wir sind ja auch in Mhamid, der Stadt der Sahraouies, der „Blauen Männer“. Hier ist die Musik besonders wichtig. Ich habe in meinem Reisehandbuch geschrieben:
Die Gesänge und die Tänze der Sahraouies drücken ihre Gedanken und Vorstellungen aus, die Hoffnungen der Künstler und ihren Durst nach Freiheit und Unterhaltung. Es gibt fünf Hauptrhythmen und jeder ist die Spiegelung der Seele und des Lebens, der Gefühle von Liebe, von Freuden oder von Leiden, der Arbeit, der Ereignisse und der Umwelt. Ein Rhythmus ist langsam und bedächtig wie der Gang des Dromedars, es gibt einen fröhlichen Rhythmus für Feste und Hochzeiten, melodische Gesänge der Frauen, die allein bei den Zelten zurück geblieben sind…
Doch zunächst ging es mit einem lokalen Führer zu dem ursprünglichen Mhamid, zu der tief im Palmenhain versteckten Kasbah. Dieses Dorf wurde im 16. Jahrhundert von den Aarib, einem Beduinenstamm aus dem Jemen gegründet, sie führten einen lebhaften Karawanenhandel mit den nordafrikanischen und subsaharischen Ländern. Obwohl heute viele Familien in das moderne neue Zentrum diesseits des Dra gezogen sind, wo es Schulen und bessere Versorgung gab, ist der alte Ksar dennoch bewohnt. Wir schlenderten durch die engen, überdachten Gassen und sahen viele Frauen in ihren bunt bestickten, schwarzen Tüchern. Diese Muster stellen meist die Elemente dar, die ihr Lebensinhalt sind, in der Mitte linienförmig angeordnet der Verlauf des Dra mit seinen Oasen, darum gruppiert Symbole für Zelte, Kamele, Sonne und Sterne. Wir besuchten die erstaunlich große, alte Moschee mit einem tiefen Ziehbrunnen. Hier ist sogar ein großer Wasserkessel, in dem im Winter das Wasser zum Waschen vor dem Gebet erhitzt werden konnte. Wir bestiegen das Minarett und konnten bis über den Palmenhain schauen.
Vor dem Dorf spielten die Mädchen (!) Fußball. Sabine gleich hinterher. Zuerst Gekreische und Weglaufen, dann aber verstanden sie und nahmen Sabine in ihr Team auf. Die Jungs holen Wasser in Kanistern zum Tränken des Viehs. Schön, einmal diese ungewöhnliche Arbeitsteilung zu sehen. Am Rande des Dorfplatzes gab es einen kleinen Markt, nur ein Tisch mit Kleidung und ein Gewürzhändler, wo wir natürlich unseren Führer Mohammed nach den verschiedenen Kräutern befragten. Zum Beispiel getrocknete Eukalyptusblätter, die – auf den Kopf gestreut – im heißen Sommer kühlen sollen. Und wir zumindest von hinten ein paar der Frauen in ihrer hübschen, traditionellen Kleidung fotografieren konnten.

Zurück in unserem Domizil gab es Mittagessen und eine Ruhepause, bevor es dann um 16 Uhr zu Isolde ins Café ging. Die geheime Hoffnung von mir war natürlich: werden so früh schon die Musiker da sein? Denn sie sind ja keine professionelle Band, die von Isolde engagiert werden und für Geld spielen, es ist wirklich ein Treffpunkt der jungen Männer, die nur zu ihrer eigenen Freude spielen. Ich hatte schon mal vorgeschlagen, eine Dose für Trinkgeld aufzustellen, aber Isolde will gerade diesen privaten Charakter erhalten. Zunächst aber gab es den köstlichen Fata-Morgana-Kuchen und einen leckeren Capuccino, dann holten ihr Mitarbeiter Ali und Hafid, sein Freund, die Trommeln und sangen dazu. Und wirklich, es dauerte nur wenige Minuten und schon tröpfelte es von draußen, kam einer nach dem anderen hinein, der die Musik hörte und einfach mitmachen wollte. Selbst unsere Truppe bekam Trommeln in die Hand. Flo, unser Jüngster, schloss sich bald dem Kreis der anderen Musiker an und blieb noch, als wir anderen heimfuhren. Als ich dann Isolde und ihn zum Essen abholte, war bei ihnen an Aufhören noch nicht gedacht, in Formation tanzten sie zu ihren eigenen Trommeln.
Es ging zurück in die Kasbah Sahara Services und dort wurden wir dann von unseren „Tuareg“ vom Abend zuvor erwartet. Die Gruppe war noch größer geworden, hatte nur eine elektrische Gitarre und Tamtams und spielte diesmal andere Gesänge. Und dazu tanzten sie in ihrer weiten Gandora, ein magisches Bild. Wieder hielt es keinen von uns auf seinen Füßen und wir klatschten und tanzten.


Aber gut, dass wir bei Isolde Kuchen gegessen hatten, denn von Abendessen war noch keine Spur. Dafür Betriebsamkeit in der Küche und sehr merkwürdige Gerätschaften. Auf einem großen Couscoustopf lag zur Beschwerung ein riesiger Felsbrocken, um den Dampf zurück zuhalten. Aber darin kein Couscous, sondern etliche gefüllte Hühner, die im Dampf gegart wurden und danach noch in eine „Kiste“ kamen, dies war eine Art Gasgrill. Und dazu wurden uns dann ganz köstliche Nudeln serviert, dünne, fast Glasnudeln, die mit sehr leckeren, aber undefinierbaren Zutaten, Nüssen?, überstreut waren. Einfach köstlich.
Zufrieden, müde, satt und glücklich ließen wir den Tag ausklingen. Ich glaube, ich kann nie wieder ein solches Treffen organisieren, denn schon diese ersten beiden Tage werden nicht mehr zu toppen sein. Dank an Abdou, dem Chef von Sahara Services und vor allem an unsere supernetten Teilnehmer.

12.1.
Nach dem Frühstück warteten die Geländewagen auf uns – oder eher wir auf die Geländewagen? Wie auch immer, früher oder später, marokkanische Zeit eben, ging es los. Das heutige Ziel sollte die Nomadenschule sein. Auf holpriger Piste ging es durch die verschiedenen Formen der Wüste, flache Kieswüste, niedrige Dünchen, die Attraktion für die Kamele ist zur Zeit ein riesiges Ruccolafeld, hier fressen sie sich an den saftigen Blättern satt. Und Isolde erntete auch gleich einen Arm voll für ihr Abendessen. Da es schon auf Mittag zuging war die erste Station eine kleine Oase mit frischer, klarer Quelle. Hier wohnt eine Nomadenfamilie mit kleinen Kindern und einige Tourveranstalter haben hier eine Station zum Mittagessen eingerichtet, mit kleiner Küche und schattigen Sitzgelegenheiten. Und zwei hungrigen Katzen und einem Hund. Otto opferte eine Dose Ölsardinen als Vorspeise, denn ihr lautes Miauen war kaum auszuhalten. Nur der Hund war ganz lieb und geduldig, von ihm gab es kein Knurren oder Bellen. Sein Glück, denn ich hätte mich sonst von ihm ferngehalten, aber so entriss ich allen Essern die Knochen, bevor sie den letzten Bissen abnagen konnten. Es gab gegrilltes Hühnchen und leckeren Salat.
Weiter zur Nomadenschule. Die ist in einem Häuschen aus losen Felssteinen untergebracht, aber die Lehrer waren ausgeflogen. Den Unabhängigkeitstag haben sie genutzt, um eine Woche Urlaub zu machen. Naja, wir konnten zumindest die Bänke sehen, die zusammengeschoben am Rand standen. Verstreut leben hier etwa 30 Nomadenfamilien, deren Kinder hier zur Schule gehen und zumindest etwas schreiben und lesen lernen. Eine Familie wohnt gleich nebenan und lud uns dann zum Tee ein. Ein Zelt dient sozusagen als Wohnzimmer, dort nahmen wir Platz und der Hausherr kochte Tee. Seine zwei Frauen wohnen jeweils in einem runden Felssteinhäuschen, es ist jeweils nur ein Raum, der auch für die jeweiligen Kinder reichen muss. Die eine Frau war etwas älter, ihre Kinder nicht da, da sie sie die Tiere in der Wüste hüten mussten. Die Familie hat 30 Ziegen und 10 Kamele, letztere stehen am Erg Chegaga für die Kamelritte der Touristen bereit. Die zweite, jüngere Frau hatte vier kleine Kinder. Und dann gab es noch ein Häuschen für die Küche, dort hat sie uns ein ganz leckeres, gefülltes Fladenbrot gebacken.
Wir wären gerne noch länger geblieben und hätten dem Alltagsleben der Familie zugeschaut, aber der Sonnenuntergang war nicht mehr in weiter Ferne und den wollten wir doch bei den mächtigen Dünen von Chegaga erleben.
Dort ging es sofort auf die Kamele in den Spätnachmittag hinein. Isolde und ich blieben zurück und deshalb kann ich darüber nichts berichten. Wir tranken – endlich mal wieder – Tee. Nachdem die Sonne hinter dem Horizont verschwunden war kamen die anderen zurück. Jeder bekam sein Zelt zugeteilt, wir waren im Luxusbiwak, das heißt, gemütlich eingerichtete Zelte mit Licht und eigenem Bad. Dusche, Chemieklo, alles da. Wenn es nur nicht so kalt wäre. Nach Sonnenuntergang wird es im Winter doch eisig kalt und man scheut sich ein wenig, sich auszuziehen. Lieber einen warmen Trainingsanzug an und die Dusche auf den nächsten Tag verschieben.
Dann wurde ein Feuerchen gemacht, um den Sand zu erhitzen, denn es sollte ein Brot im Sand gebacken werden. Das ist bei den Nomaden nicht nur eine Notwendigkeit, sondern ein geselliges Erlebnis. Sie sitzen ums Feuer, erzählen Geschichten und spielen die Tamtam. So wurde auch für uns Musik gemacht. Und auch das Abendessen, das dann folgte war sehr lecker. Es gab nach einer wärmenden Suppe Tajine mit Rindfleisch und Pflaumen und dazu einen ganz leckeren Couscous. Und danach gings ans große Lagerfeuer.

13.1.
Weckruf um 7 Uhr, denn schließlich wollte ja keiner den Sonnenaufgang versäumen. Das Frühstück danach war für ein Wüstenlager wirklich nicht schlecht, es gab frische in Schmalz gebackene Beignets. Gerhard mit seiner Familie verabschiedete sich hier von uns, er war ja mit einem Geländewagen gekommen und hatte Chegaga auf seinen eigenen vier Reifen erreicht. Er fuhr nun weiter durch die Wüste über den Lac Iriki nach Foum Zguid und zurück nach Marrakech.
Wir anderen waren schon um 10 Uhr wieder zurück in Mhamid, wo jeder sogleich unter die Dusche sprang. Danach gings ans Abschiednehmen. Das fiel nicht ganz leicht, denn die Gruppe hatte sich sehr gut verstanden. Und dennoch, ich glaube, nach so vielen verschiedenartigen Eindrücken in der kurzen Zeit muss nun jeder erstmal ein wenig Ruhe haben, um all das zu verdauen.

Gute Fahrt
Edith

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29 Feb 2012 14:37 - 01 Mär 2012 07:37 #8 von Edith
und hier der Rest...

14.1.
Es war nicht leicht, sich nach 3 Wochen Mhamid davon zu lösen. An die Dünen von Tinfou hatte ich immer gute Erinnerungen. Schon vor 25 Jahren gab es dort ein Zelt, wurden Kamelritte und Teppiche angeboten. Trotzdem hatte man mir damals auf Wunsch meine Ruhe gelassen, als ich versprach, danach zum Tee vorbei zu kommen. Und mit Hassan von damals bin ich noch heute befreundet, wenn er auch nicht mehr hier wohnt. Seit über einem Monat schleppe ich nun eine Flasche Whiskey mit mir herum und heute ist der Tag. Ich kaufte eine Flasche Coca in Tagounit und bestieg damit und einer Packung Datteln die große Düne. Ein Kamelreiter kam nahe, gab es aber auf, nachdem ich nicht reagierte. Einfach nur schön, hier zu sitzen und in die Weite zu schauen.
Und dann fuhr ich zum Zelt. Man lud mich – wie erwartet – zum Tee und zu den Resten ihres Tajine. Und es dauerte nicht lange, bevor wir alte Erinnerungen austauschten, von Leuten erzählten, die wir alle vor 25 Jahren kannten. Ich glaube, das wichtigste Merkmal des Alters ist die Lust, in Erinnerungen zu schwelgen. Nach dem „Whiskey berbère“ gab es den „Whiskey allemande“. Ich versprach, am nächsten Tag noch einmal vorbei zu kommen.
Nun bin ich im Hotel Perle de Draa bei meinem guten Freund Hassan. Und sofort bin ich mit ihm zusammen abends zum Essen eingeladen, in einem wunderschönen Riad im Palmenhain von Amezrou.
Ach, es ist schön, wieder allein zu reisen. So schön es auch vorher in Mhamid und mit der Gruppe war. Nur wie ich mich wieder zu Hause ins Arbeitsleben einordnen soll, das weiß ich noch nicht.

17.1.
Viel ist wieder passiert die letzten Tage und ich komme kaum zum Schreiben. Schon im Sommer hatte ich eine Email bekommen von einem Hotelbesitzer in Zagora, er wollte auf sein neues Riad Dar Sofian aufmerksam machen. Nun endlich fand ich die Zeit, mir das anzuschauen. Also, einfach ein Traum! Aber noch überraschender war, dass ich den Besitzer kenne. In meinem allerersten Marokkourlaub habe ich von seinem Bruder, der damals die erste Autovermietung in Ouarzazate hatte, einen R4 gemietet. Die Familie hat dann mehrere Hotels gebaut, alle mit dem Namen Kasbah Asmaa, es sind jeweils sehr schöne Häuser. Einer der Brüder, Moulay Slimane, hatte sich im Palmenhain von Zagora ein wunderschönes Privathaus gebaut. Nachdem der Sohn nun in Marrakech zur Schule geht und die Familie dorthin umzog, hat er dieses Haus als exquisites Gästehaus mit nur 10 Zimmern ausgebaut. Alles superschön, blendend sauber und vor allem warm im kalten Wüstenwinter. Er lud mich gleich ein, die Nacht zu bleiben und wir speisten zusammen. Dabei kam sogar der Gedanke auf, später hier zu arbeiten. Na, sehen wir mal!
Am nächsten Tag wollte ich die Piste Zagora – Tasla – Taznakht fahren und dann weiter nach Ait Benhaddou. Dann wieder ins Dar Sofian zurück. Aber erstens kommt es anders … Ich fand die Piste einwandfrei, aber nach 20 km stand ich vor einem tiefen Oued voll riesiger Felsbrocken. Auto abgestellt, zu Fuß hinunter. Absolut kein Durchkommen, hier müsste zunächst ein Bagger durch. Also wieder zurück und in Zagora noch ein paar Plätze angeschaut. Mit dem jungen Mann vom Camping Oasis kam ich ins Gespräch, er bestätigte, dass die Piste im Jahr 2009 durch schwere Regenfälle zerstört worden ist und seitdem nicht wieder aufgebaut wurde. Sie wird halt für nichts benötigt, das Minenstädtchen Bleida wird von Norden her erreicht. Auf dem Camping Oasis saßen Helga und Werner gemütlich vor ihrem Wohnmobil und gaben mir Sabines Brille, die sie in Chegaga vergessen hatte.
Wieder zurück ins Riad Dar Sofian steht auf dem Parkplatz ein Unimog aus Deutschland. Aha, ich bin also nicht mehr allein im Hotel. Vier Deutsche sind mit zwei Unimogs unterwegs, aber einer ist kaputt. Also wird hier mal ein wenig Luxus genossen, bis der aus Deutschland mitsamt Ersatzteilen eingeflogene Mechaniker da ist.
Tja, und ich soll eigentlich heute weiter. Zwar möchte ich noch einen Tag in Zagora bleiben, aber in einem anderen Hotel wohnen. Aber wie soll ich mich nur aus diesem Paradies lösen?

18.1.
Seit ich in Marokko bin habe ich doch wirklich etliche Kilo zugelegt, gut, dass es hier keine Waage gibt. Hier geht wirklich nichts ohne essen; und ein nein wird nicht akzeptiert. Ich wollte nur nach Tamegroute, um Keramik einzukaufen. Hatte dort auf der Durchfahrt sehr schöne rechteckige Teller aus der grünen Keramik gesehen. Aber bevor ich den Preis verhandeln konnte musste ich erst mit hoch zur Familie, das Mittagessen stand bereit, und der Händler (den ich schon vorher an der Düne von Tinfou getroffen hatte), Ehefrau, Großmutter und die zwei großen Söhne speisten mit mir. Mit Handeln war dann nicht viel, wegen der alten Freundschaft. Ich solle geben, was ich meine. Ich hasse das. Handele eigentlich lieber bis aufs Messer mit jemand, den ich nicht kenne. Nun ja, ich sagte meinen Preis, sie haben akzeptiert und ich hab alles in meine Kiste packen lassen.


Wie soll man bei einem solchen Frühstück für nur eine Person abnehmen!?


und hier der Unimog mit Mannschaft

21.1.
Zwei Nächte war ich nun in der Oase Tighmart bei Gouelmim. Die hat sich ganz schön gemacht. Früher fuhren Touristen kaum dorthin, und wenn, dann nur auf die alte Geschichte von dem Karawanenführer, der dort angeblich Station gemacht hat und bei dem man Mehl gegen alten Silberschmuck tauschen könnte. Heute in Zeiten des Internet und der schnellen Informationsverbreitung greifen solche Scams nicht mehr, aber ich weiß noch gut, wie in den 80ern viele darauf hineingefallen sind und die Oase irgendwie in Verruf geraten war.
Das ist heute lange vergessen. Die erste, die dort ein Gästehaus eröffnet hat, war die Französin Saliha, mit ihrem Maison Saharienne. Dann gab es noch zwei Campingmöglichkeiten, aber so richtig war das nichts. Das hat sich nun komplett geändert. Für Hotelreisende kann ich nun ganz sehr das Maison Nomades empfehlen, ein absolut liebenswertes Plätzchen unter der Leitung des netten Brahim, und es war total ausgebucht.
Heute früh ging es dann zunächst zum berühmten Kamelmarkt von Guelmim. Mein Gott, was hat sich der geändert seit meinem letzten Besuch in den 90ern! Kamele sucht man hier vergebens, auch das sonstige Angebot ist bei weitem nicht mehr so traditionell. Dennoch unbedingt sehenswert schon wegen der interessanten Menschen und der Fotos, die ich ziemlich unbelästigt schießen konnte. Es hatten übrigens auf dem großen Parkplatz zahlreiche Wohnmobile geparkt.
Und nun bin ich in El Ouatia. Hier habe ich mir die Plätze Sables d’Or und Atlantica angeschaut. Beide gefallen mir ganz gut, vielleicht Sables d’Or etwas besser. Und dort habe ich mir auch ein Zimmerchen genommen. Ist alles sehr sauber. Hier gibt es viele Standplätze, die den direkten Blick zum Meer haben und es ist auch noch etwas Platz. Auch das Wetter ist hier sehr schön, war warm heute und jetzt am Abend immer noch nicht zu kalt.

24.1.
Ach, was geht es mir doch so gut! Sitze hier in einer herrlichen Hotelanlage in der Sonne und lasse mich verwöhnen. Habe gestern die unendlich weite Strecke von Sidi Ifni bis nach Mirleft geschafft, und als ich hier diese Anlage besichtigte und der Inhaber mich einlud, da konnte ich wirklich nicht nein sagen. Es ist wunderschön.






Dann geht es weiter nach Tiznit. Hier will ich mir ein Hotel anschauen, das mir von einem Bericht im Internet aufgefallen war. Dieses Hotel sollte nun neu von einer Französin übernommen worden sein und es wurde empfohlen. Also nichts wie hin. Es liegt an dem großen Rondell vor dem Stadtzentrum, wo es sowohl zum Campingplatz als auch nach Tafraoute abgeht.
Das Mauritania stammt noch aus der französischen Kolonialzeit und ist ganz typisch für diese Hotels, an denen kaum was verändert wurde. Es ist nur klein, mit einfachen Zimmern, aber alle mit Bad, aber das wichtigste, es verfügt über eine Alkohollizenz. Das ist ganz seltsam in Marokko, wenn ein Hotel diese Lizenz mal hat, und das tun die kleinen französischen meist, dann behalten sie die auch ein Leben lang. Ich denke z.B. an das kleine, ziemlich heruntergekommene Chez Mimi an der Tichka-Strecke oder das Chez Juju in Oukaimeden. Wenn dagegen ein neues Hotel diese Lizenz beantragt, dann gibt es meist viele Probleme und lange Wartezeiten.
Ich war echt überrascht. Wie alle diese alten Hotels wurde auch hier an der Bausubstanz nichts verändert, aber die Betten sind neu, alles neu und hübsch gestrichen und nett eingerichtet mit bunten Decken. Die Flure angenehm gestaltet, so dass man sich dort auch hinsetzen kann. Aber das Überwältigendste ist der Preis, ich musste dreimal fragen. Ein Doppelzimmer, es ist immerhin mit Bad, hat warme Duschen, kostet 80 DH! Kaum zu glauben. Ich würde den Preis mal sofort aufs dreifache erhöhen. Und zum Haus gehört ein abgeschlossener Parkplatz.
Aber das war noch nicht alles. Das wichtigste ist das Restaurant unten. Zwar gibt es auch nach hinten raus eine Bar, die viel von Einheimischen besucht wird, aber die stört nicht. Das Restaurant bietet einfache marokkanische Küche, Brochette für 35 DH, Tajine für 45 DH, und ist schon deshalb der Renner für Gäste des nahe gelegenen Campingplatzes. Aber der Clou sind die Alkoholpreise. Eine Flasche Wein dazu kostet nur 60 DH. Das ist kaum mehr als im Marjane. Und Karim, der freundliche Zubringer, steht unermüdlich vor dem Haus und lotst die Gäste herein, wer zum zweitenmal kommt wird schon mit einem Küsschen als alter Freund begrüßt. Es ist echt der Renner unter den französischen Campinggästen.
Aber es gibt noch einen weiteren Höhepunkt. Jeden Sonntagmittag findet hier ein großes Couscousessen statt, es kostet 80 DH und ist untermal von einem Akkordeonspieler. Es sollen sich mehr als 100 Gäste in dem kleinen Restaurant drängen.

So, nun geht’s weiter nach Sidi Rbat zu dem Hotel La Dune von Peter. Vor 26 Jahren war ich zum erstenmal in Sidi Rbat, das damals nur auf einer sehr sandigen Piste zu erreichen und eine echte Hochburg für Kiffer war, die in einer sehr primitiven Strandunterkunft hausten. Aber es war ein magischer Ort und ich blieb eine Woche, länger dauerte mein Urlaub nicht mehr. Ich kam zwar noch einmal zurück, aber die Anlage wurde bald geschlossen, zuviele Probleme mit der Polizei. Dann wurde dort das Hotel Ksar Massa gebaut, mit absolut überteuerten Preisen. Damit war Sidi Rbat für mich gestorben.
Vor knapp 2 Jahren hat dann der deutsche Afrikafahrer Peter Kohle, der ebenfalls Sidi Rbat aus den Anfangsjahren kannte, dort ein Grundstück gekauft und seinen Traum verwirklicht. Nach den üblichen Problemen mit der marokkanischen Verwaltung ist das Hotel La Dune nun mit allen Genehmigungen geöffnet. Es ist sehr schön und vor allem kostet es nur die Hälfte von Ksar Massa. Ich bin gerade dort, sitze auf meiner Terrasse und schaue übers Meer.
Aber was das beste ist, es gibt nun eine neue Asphaltstraße direkt ins Dorf, und von dort sind es keine 100 m gute Piste bis zu La Dune und zum herrlichen Sandstrand. Viele Fischer haben hier ihre Hütten in den Kalkfelsen gegraben und man kann ihnen bei ihrer Arbeit zusehen. Auch zum Surfen eignet sich die Stelle hervorragend.

25.1.
Bin von Sidi Rbat Richtung Agadir gefahren. Regen. Und wie! Seit Anfang Dezember habe ich keinen mehr gesehen. Und irgendwie hätte ich auch keinen gebraucht. Die Natur hier schon. Über Agadir hingen dunkle Wolken. Und es dauerte nicht lange, da schüttete es aus allen Wolken. Da macht die Besichtigung von Campingplätzen wenig Spaß. Ich fuhr am gut gefüllten Stadtcamping vorbei und ebenso an der „Platte“. Die war doch erst vor ein paar Tagen spektakulär geräumt worden, aber es standen schon wieder etliche Fahrzeuge dort. Ist halt auch ein schönes Plätzchen.
Weiter gings nach Aourir. Denn alle hatten mir schon davon erzählt, dass es dort einen neuen Campingplatz gäbe. Er liegt im Paradise Valley, was bei dem Regen nicht besonders schön ist. Und der Lehmboden des Platzes ist auch noch nicht gefestigt und glitschig, zack, da lag ich auch schon am Boden. Alles verdreckt, alles verschlammt, ach, wie steigt doch die Laune. Den Platz hat ein Marokkaner aufgebaut, der 38 Jahre in Deutschland lebte und dort im Tourismus arbeitete. Nun ist er in Rente und hat diesen Platz gebaut. Es ist zu weit zum Meer, aber dennoch hat er hier schon gute Belegung. Manche schätzen die ruhige Natur. Und die Gäste schätzen den persönlichen Empfang, hier ist es nicht so anonym und geschäftsmäßig wie im AP und Ableger. Auch dieser Platz hat alles, was man braucht, ist aber noch im Aufbau. Die zwei großen Sanitärblöcke sind super gefliest und sehr sauber, trotz Regen. Es gibt Waschmaschine und der Piscine ist fast fertig. Das Restaurant noch nicht. Eine deutsche Familie hat sich hier schon häuslich niedergelassen und gleich für die nächsten Winter gebucht, überhaupt sind relativ viele Deutsche hier.
Wegen dem starken Regen quartiere ich mich in einen der Bungalows ein, sie haben Schlafzimmer, Wohnküche und Bad. Hintergrund ist, dass wohl einige Campinggäste auch mal die Familie für ein paar Tage kommen lassen wollen, die können dann hier schön wohnen. Und nun warte ich auf das Ende des Regens und darauf, dass hier nicht der ganze neue Platz abrutscht.

26.1.
Der Tag beginnt mit Sonne. Wie schön. Dennoch, der Matsch ist noch da und ich freue mich wegzukommen. Es geht nach Agadir, ich habe mich im Hotel Tivoli einquartiert. Hab es zufällig gewählt, aber es gefällt mir ganz gut. Hier werde ich mal zwei Tage Urlaub machen, richtig Urlaub und nicht arbeiten, keine Campingplätze anschauen. Mein Zimmer ist nicht schlecht. Geräumig, mit Sitzecken und Balkon mit Tisch und zwei Stühlen. Habe zwei Nächte vorausbezahlt und werde mal sofort auf drei verlängern. Wenn man immer nur rumreist, immer nur aus dem Koffer lebt, dann braucht man das mal, ein klein wenig Urlaub.
Von der Wüste nach Agadir - das ist ein Unterschied. Wenn ich nach Marokko fahre dann will ich die Fremde, das Abenteuer, die netten Menschen mit ihrer Gastfreundschaft, die fantastische Landschaft, jeden Tag ein neues, aufregendes Erlebnis.

27.1.
Habe heute einen Spaziergang auf der neuen Strandpromenade gemacht. Sie ist schon sehr schön angelegt. Wenn man hier spazieren geht könnte man sich auch an der Cote d’Azur oder in Spanien wähnen. Obwohl – in Spanien wäre man von Hochhäusern eingekreist, hier nicht. Auch das Wetter ist wundervoll. Auf der Anzeige einer Bank steht 16 Grad. Kann ich kaum glauben. Zumindest in der Sonne ist es viel wärmer und am Strand liegen einige Hartgesottene im Badeanzug. Auch den McDonald oder PizzaHut am Strand weiß ich durchaus zu schätzen, nachdem ich heute bei einem marokkanischen Laden eine Pizza gegessen habe, klitschig und geschmacklos. Bei PizzaHut weiß man wenigstens, was man bekommt. Ich kann Agadir für Strandurlauber durchaus empfehlen.


30.1.
Ein Vierteljahrhundert Marokko und ich war noch nie auf dem Montagssouk von Taliouine! Von meinem Zimmerfenster im Hotel Safran sehe ich die Lieferwagen in langer Schlange die wasserhaltige Furt durchqueren und weiß, heute ist Souk. Also nicht wie hin. Einerseits habe ich natürlich etwas versäumt, ihn noch nie gesehen zu haben, andererseits aber auch nicht. Ich kenne viele schöne Souks, ich denke nur an Zagora oder Rissani, aber sie haben sich im Verlauf der Jahrzehnte doch sehr verändert. Ich möchte aber mal behaupten, in Taliouine ist alles beim alten geblieben, gibt es keine Souvenirverkäufer, die den Touristen überteuerten Schmuck andrehen oder vermischtes Safran zu überhöhten Preisen anbieten. Außer den Transportmitteln, mit denen die Bauern zum Souk kommen – heute kleine Lieferwagen statt Maultiere – ist hier die Zeit stehen geblieben. Hier gibt es keinerlei Angebote eigens für Touristen, hier werden die Dinge verkauft, die der Bergbauer braucht. Wassereimer aus Autoreifen, ebenso Sandalen, Ackergeräte, Sättel für die Maultiere, Tajinetöpfe, natürlich Lebensmittel und Gemüse, lebende Hühner und Küken, Ziegen und Schafe. Großhändler sitzen vor kleinen Waagen, um das Safran zu verkaufen. Hier wird es nicht grammweise angeboten. Und selbst die zwei Stände mit Silberschmuck sind dicht belagert von Berberfrauen, die entweder ihren Schmuck verkaufen, um Geld zum Leben zu erhalten, oder sich ein neues Stück leisten. Ich kaufe mir einen Eimer aus Autoreifen, 30 DH, als Blumenkübel für die Terrasse und komme dann zu einem Mann, der Öl in Wasserflaschen anbietet. Ich weiß nicht genau, wie viel die Flasche fasst, sind es 0,7 oder 1 l, ich frage, ob es Arganöl ist, er sagt ja und zeigt einen 100-DH-Schein. Ich riskiere es, habe keine Ahnung, ob es eine gute Qualität ist. Aber der Markt hier kommt mir einfach echt vor, keine Touristenabzocke und so kaufe ich es. 100 DH war ja auch der Preis, den mir Hamid aus Agadir genannt hat.
Ach, es gefällt mir hier so gut, ich möchte überhaupt nicht mehr weg. Es ist schon Mittag, als ich mich endlich losreißen kann. Schon in der Auberge Safran am Morgen hatte ich Fotos gesehen von der herrlichen Umgebung und wäre gerne noch geblieben, aber nein, weiter geht’s im Dienste meiner Leser. Das nächstemal, in’challah.
Auch die nächste Etappe ist eine Augenweide. Es geht zunächst von Taliouine entlang der Hauptstraße N10, wo die Mandelbäume in voller Blüte stehen. Und in Taznakht will ich dann die neue Straße durch das Tal des Oued Ait Douchen fahren, die Martin als Geheimtipp bezeichnet hat. Laut den Einheimischen sollte dort die Asphaltierung im Gange sein. Aber ganz so war es nicht. Die komplette Piste ist geschoben und für den Asphalt vorbereitet, aber weitere Arbeiten sind nicht im Gang. Dennoch kann sie bereits jetzt von allen Fahrzeugen gefahren werden. Hier ist weder Bodenfreiheit noch 4x4 nötig, aber ein Fahrer, der sich auch mal ein wenig Wellblech zutraut. Alles in allem ist die 70 km lange Strecke aber sehr gut zu fahren. Und das Flusstal ist einfach herrlich. Ali und ich haben dort erstmal ein Päuschen gemacht und leckeren Erdnüsse vom Souk in Taliouine gegessen.

3.2.
Nun bin ich in Marrakech, nachdem ich in Skoura, Ait Benhaddou und Telouet war. Aber nichts wirklich berichtenswertes dort erlebt habe. Nach zwei Monaten im ruhigen Süden wirkt die Stadt sehr hektisch und laut auf mich. Und voll, unglaublich voll. Ich wollte noch ein paar Mitbringsel einkaufen, aber es ist kaum ein Durchkommen durch die Souks, das macht keinen Spaß. Als ich dann doch was kaufe, sagt mir der Verkäufer, dass marokkanische Schulferien sind, und auch für Einheimische ist Marrakech ein beliebtes Touristenziel.
Am Morgen bin ich mit Christine verabredet. Sie ist Reiseleiterin und arbeitet für eine deutsche Trekkingagentur. Wir machen ein gemütliches Schwätzchen in meinem herrlichen Riad, hier ist es ruhig und gemütlich und schick und edel, ach, ich will gar nicht mehr weg. Auch die Klimaanlage funktioniert und macht mein Zimmer mollig warm. Was heißt Zimmer, es ist eine geräumige Suite mit gemütlichem Sofa und Flatscreen. Hab viel zu wenig Zeit, es zu nutzen. Dieses Riad wird nun in mein Programm aufgenommen, hier kann man wohnen, wenn man eine Tour bei mir bucht.
Zu unserem Plauderstündchen kommt noch Gita, eine Schwedin. Auch sie lebt schon lange in Marokko und hat so einiges erlebt. Hat sogar zwei Wochen in einem Gefängnis zugebracht. Sie sagt, noch nie in ihrem Leben hat sie so viel Gewalt auf so engem Raum erlebt. Sie hat ein Buch über ihre Erfahrungen geschrieben, aber da sie ein sehr künstlerischer Mensch ist hat sie ihre Erlebnisse eher verschlüsselt in Form von Versen und Liedern geschrieben, mit passenden Bildern von Künstlern untermalt, sie singt uns einige davon vor, es ist ein sehr beeindruckendes Gespräch.

5.2.
Ein richtig kalter Tag heute. Über 10 Grad ist es kaum geklettert. Wenn in Europa eine Kältewelle herrscht, ist das auch hier spürbar. Wenn es doch noch um die 20 Grad wärmer hier ist. Und vor allem sonnig. Es macht ja vor allem der ewig graue Himmel bei uns depressiv.
Heute stand ein besonderes Ereignis auf dem Plan. Wie jeden Sonntag hatte auch heute Camp Agafay zu einem besonderen Event eingeladen. Das steht jedes Mal unter einem anderen Motto, diesmal stand Technik im Mittelpunkt. Und damit auch ein Heliflug. Bin ja nun schon hunderte von Stunden als Pilot im Einmotorigen geflogen, aber saß tatsächlich noch nie im Heli. Und diesmal wollte Ali den Piloten machen. Aber da war mir der nette Junge mit dem weißen Hemd schon lieber. Christine und ich hatten einen richtig schönen Tag draußen in der Wüste von Marrakech bei herrlichem Sonnenschein, aber kaltem Wind.
Hier ein paar Bilder

Stausee Lalla Takerkoust

unser Pilot Ali


und ein Video
http://youtu.be/BUe5GVaBEmg

7. - 9.2.
Die Tage waren wieder so ausgefüllt mit Aktivitäten, ich kam nicht zum Schreiben. Das Leben hier in Marrakech ist natürlich ein ganz anderes als im von mir heiß geliebten Süden. Weniger aufregend, weniger täglich ein neues Abenteuer. Aber dennoch interessant. Für den 8.2. war schon lange ein Tagesausflug gebucht, eine Gruppe von 6-7 Personen. Damit sollte ich eigentlich nichts zu tun haben, das macht alles Sahara Services, aber da ich nun gerade in der Stadt war, bot ich meine Begleitung an. Es stellte sich heraus, dass dies eine Arbeitsgemeinschaft war, ein Amtsrichter mit seiner Büroequipe, sie hatten einen günstigen RyanAir-Flug gebucht und waren nur für zwei Tage in der Stadt. Und die waren ausgefüllt bis zum Rand. Zum einen hatten sie Club Med gebucht, weil der ja so schön nah am Djemaa el-Fna liegt, zum anderen hatten sie mit mir einen Medinarundgang verabredet. Also, um 11 reisten sie ein, um 14 Uhr mit mir in die Medina, gehandelt wie die Berber, sie bekamen bessere Preise als ich, und dann zurück ins Hotel, um noch mit den Shuttlebus in den Club Med in der Palmeraie zu fahren zum Abendprogramm. Zum Schlafen blieb kaum Zeit, weil ich sie ja am nächsten Morgen schon um 8 Uhr zum Tagesausflug abholen wollte.
Das war das erste Mal, dass ich als Reiseleiterin fungierte. War äußerst interessant für mich und ich habe eine Menge dazu gelernt. Geplant war Hoher Atlas, Ait Benhaddou, Telouet und zurück. Klingt wenig, ist aber mit vielen Kilometern kurviger Bergstraße verbunden. Wir sahen schöne Landschaften, es wurde viel fotografiert, aber dann kurz vor Ait Benhaddou am Straßenrand viele geparkte Kleintransporter. Ein Wochenmarkt war im Gang. In einer Gegend, wo absolut keine Touristen waren. Wir spazierten über den Souk, sie fandens toll. Denn es war ja die erste Begegnung mit richtigen Menschen, Menschen, wie sie hier leben. Weder ist der Club Med das richtige Marokko noch die Souks mit ihren bunten Glitzerwaren. Nur schade, dass wir zu wenig Zeit hatten.
Und so gesehen war auch Ait Benhaddou eine Enttäuschung. Seit Jahrzehnten kenne ich den Ort, habe ihn immer als wichtigen Stopp für touristische Besuche angesehen. Ist er sicher auch. Aber diesmal sah ich es mit den Augen meiner Marokkoneulinge. Die ja noch nichts vom Land kannten. Was bekamen sie hier zu sehen? Schöne Lehmarchitektur, herrliche Aussicht von der Höhe des Kasbahhügels und – Souvenirboutiquen! Auch das nicht das echte Marokko.
Weiter ging es durch das herrliche Ounilatal mit wunderschönen Dörfern. Das hat ihnen gefallen. Aber wir sind halt nur vorbei gefahren. Dann Telouet. Es war schon ziemlich spät, alle hatten Hunger, also gings zuerst zum Restaurant Palace de Telouet. Ich finde das Essen dort hervorragend, sehr viel vielseitiger als in den übrigen Restaurants. Allerdings gab es hier Anpassungsschwierigkeiten. Mein Trüppchen hatte ja bisher noch kaum in Marokko gegessen. Nur einmal im Club Med, der ja nun sehr international ist. Und hier gab es doch viele fremdartige Zutaten und Gewürze. Nun, verhungert ist keiner, alle nahmen es mit Humor, es wurde überhaupt auf der ganzen Reise viel gelacht und gekichert.
Dann begleitete uns Mohammed in die Kasbah Telouet. Und trotz der Winterkälte hatte er seine malerische blaue Sommer-Gandora angezogen und den bunten Chech umgebunden. Er war damit auch der erste typische „Blaue Mann“ aus dem Süden, den die Gruppe zu Gesicht bekam, sie schlossen ihn sofort ins Herz. Unser „Kadi“ bekam viele gute Ratschläge von ihm, wie er so mit seinen sechs Frauen am besten fertig werden würde, Geheimnisse wurden geflüstert, die er sich strikt weigerte, uns weiter zu erzählen. Auf der Fahrt zur Kasbah wurde ich von meinem Sitzplatz vertrieben, die Mädels wollten Mohammed in ihrer Mitte haben. Und nach der Besichtigung gings zu Fuß durch das Dorf zurück. Und auch hier kam wieder eine verpasste Gelegenheit wegen der Zeitknappheit. Wir trafen Naima, Küchenhilfe bei Mohammed und Mutter des Kleinen, der auf meinem Video von Telouet so schön tanzt, das ich bei meinem Besuch im letzten Jahr aufgenommen habe.
http://youtu.be/E94cytL6Rfk

Naima hat zur Zeit Urlaub, da ihr altes Lehmhaus beim letzten Regen zusammengestürzt ist und sie dabei ist, es wieder aufzubauen. Zum Glück war damals niemand etwas passiert. Sie begrüßte mich sofort mit Küsschen und wollte uns natürlich zum Tee einladen. Es wäre die Gelegenheit gewesen, mal in ein marokkanisches Haus zu kommen, aber es war ja schon so spät. Die Gruppe wollte nicht nur zum Abendessen zurück sein, sondern ein Kollege war auch im Hotel geblieben und würde sich bestimmt Sorgen machen. Rückblickend ist es echt schade, wir hätten annehmen sollen. Und wenn mich mal wieder eine solche Gruppe nach einem Tagesausflug fragt werde ich lieber die Tour in die Berberdörfer empfehlen, die zwar keine spektakulären Bauwerke aufweist, aber das echte Leben zeigt.
Die Rückfahrt brachte dann als einziges Ereignis, abgesehen von Schreien und Quiecken bei jedem Überholmanöver des allerdings sehr umsichtigen Fahrers, einen Anruf von Abdou. Ein brasilianisches Restaurant würde heute neu eröffnen, ob ich mitkommen wollte.
Es war schon 20 Uhr, als ich die Mädels am Club Med ablieferte, wo man übrigens keinen Fuß reinsetzen darf als Nicht-Gast, noch nicht mal an die Rezeption darf man. Unser Fahrer brachte mich zu meinem Riad Losra zurück und eigentlich wollte ich nur noch schlafen, war todmüde. Abdou rief an, ebenfalls todmüde. Aber dennoch, die Neugier siegt und man ist nur einmal in Marrakech. Wir fuhren also hin, das Lokal liegt in der Palmeraie auf dem Gelände des schicken Hotel Golf Palace. Und es war einfach wieder der Wahnsinn! Das ist das reiche, das schicke Marrakech. Noch kommen die meisten Touristen wegen der Medina und den Souks, aber ich bin sicher, dass sich das eines Tages ändern wird. Die Leute werden hierfür kommen. Die Lokalitäten von Marrakech bieten einfach eine umwerfende Show. Das fängt bereits vor der Tür an. Unter hohen Palmen sieht man im Mondlicht einen orientalischen gewandeten Portier stehen, vor ihm lodert eine große Fackel, er reißt die Tür auf und plötzlich ist man im modernen orientalischen Märchen.
In unserem Fall war es allerdings Brasilien, wohin wir entführt wurden. Es war der Vorabend der Eröffnung eines typisch brasilianischen Restaurants und wir waren alle als Tester ausersehen, wurden dazu ermutigt, an Kritik nicht zu sparen. Und alles war frei. Es war ein Erlebnis, das ich zunächst einmal mit einem Caipirina begann. Auf der Bühne spielte eine eigens aus Rio importierte Kapelle. Dann wurden wir gefragt, ob wir Fisch mögen oder nur Fleisch. Je nachdem bekam man dann einen runden oder einen eckigen Teller sowie ein rundes oder eckiges Kärtchen, das auf einer Seite grün, auf der anderen rot war. Abdou kannte das alles, denn er war schon in Brasilien, ich hatte überhaupt keine Ahnung, was da auf mich zukam. Zunächst bekamen wir alle einen Salatteller, ich nur Salat, die anderen mit Meeresfrüchten. Dann kamen kleine Schälchen auf den Tisch mit Beilagen, frittierte Kartoffelstückchen mit Knoblauch, Pommes, Reis, gebackene Bananen. Und dann kam eine Pole-Tänzerin. Natürlich nicht wie auf der Reeperbahn nackt, sondern schon etwa bikinimäßig angezogen. Sehr artistische Einlage, am Ende kam dann noch ein Muskelmann dazu, der sie auf alle Arten und Weisen auf den Arm nahm.
Dann gingen die Servierer herum mit großen Fleischspießen und einem blitzenden Messer. An jedem Teller, der nicht die rote Karte zeigte, luden sie dann etwas ab. Es war gut gewürztes Grillfleisch, immer eine andere Sorte, immer anders gewürzt. Und dazwischen natürlich auch Fisch für die eckigen Teller. Auf der Bühne bekam der Sänger Unterstützung von einem zweiten, langhaarigen Sänger, auch der aus Brasilien.
Und dann kamen die Mädchen! Auch die direkt aus Brasilien importiert und zackig tanzend. Da kam schon Stimmung auf. Und als die Mädchen dann ihre Federboas ablegten und die Männer zum Tanzen aufforderten, da war die Hölle los. Marrakech hat weniger als eine Million Einwohner, bietet aber ein Nachtleben, das dem der internationalen Großstädte in nichts nachsteht. Bei mir kam sofort der Gedanke auf, dass man den Reisenden doch auch eine Exkursion in dieses moderne Marrakech anbieten müsste, denn das ist bei den meisten noch ziemlich unbekannt, aber sehr reizvoll.
Das war für mich ein sehr schöner Abschied von dieser tollen Stadt, denn heute früh geht es langsam zurück nach Hause, zunächst nach Casablanca, wo ich die neue MoroccoMall anschauen möchte, die größte Mall von Afrika, und dann weiter nach Rabat. Ich plane, so etwa am 15.2. auszureisen und muss ja wohl über Spanien fahren, da die Fähre nach Frankreich immer noch nicht geht.

Später:
Ich hatte mir in Casablanca das Hotel Suisse reserviert, es liegt in Ain Diab und so ganz in der Nähe der Morocco Mall, aber doch so weit weg, dass man mit dem Wagen hinfahren muss. Und so richtig hatte ich keine Lust dazu. Also rief ich einen Freund an, die muss man halt überall haben, und er kam geschwind und fuhr mich hin. Das war gut so, denn ich glaube, wenn ich mit meinem schrecklich langen Pickup gefahren wäre und hätte den Verkehr gesehen, ich hätte wieder umgedreht. Am Straßenrand alles dicht voll und erstmal hinkommen. Es ging nur im Schritttempo. Aber Abdel kannte sich aus und fuhr direkt in die Tiefgarage, und da war noch genug Platz.
Die MoroccoMall ist wirklich gigantisch. Ich kenne große, moderne Malls in Florida wie die Millenium Mall in Orlando, aber das hier übertrifft doch wirklich alles. Schon die Lage ist gigantisch. In Ain Diab, ganz am Ende der Strandpromenade, kurz nach dem Marabut Sidi Abderrahman, direkt am Meer. Sie wirkt schon von außen wie ein Gebilde von einem anderen Stern. Vor dem Gebäude, zum Strand hin, wurde ein See angelegt, eine Parkanlage, muss wunderschön sein im Sommer. Aber jetzt am kühlen Abend ist es zu spät, das zu genießen. Da geht man lieber hinein in die geheizte Pracht. Alle internationalen Marken sind hier vertreten, im Herzen Galerie Lafayette, alles, was Rang und Namen hat in der Geschäftswelt. Ich trinke einen Latte bei Starbucks und kaufe dann marokkanische Turnschuhe bei Lafayette. Rot, mit dem grünen Fünfzack. Echt witzig.
Und wenn jemand denkt, die Marokkaner haben nicht die Mittel, hier einzukaufen, der liegt völlig falsch, ich sehe viele Menschen mit Einkaufstüten. Schon außen ist an diesem frühen Donnerstagabend die Hölle los, jeder Parkplatz entlang der Straße besetzt. Im Innern werden Fotos gemacht. Familien, Freundinnen, alle lassen sich vor den wunderbaren Blumendekorationen knipsen. Und im Zentrum zieht sich ein Aquarium über alle drei Stockwerke. An einem Ende ist ein IMAX-Kino, am anderen soll wohl ein Abenteuerland hinkommen, aber es ist noch nicht auf. Und überall wird gesaugt und geputzt, alles wird sehr in Ordnung gehalten.

In den zwei Monaten im Süden habe ich diesmal kaum Polizei gesehen, aber hier in Casa ist das doch anders. An der Straße nach Ain Diab stand alle 20 m ein Polizist. Sie stehen einfach nur da, machen keine Kontrollen. Die gab es zwar bei der Einfahrt in die Stadt, aber auch da wurde kaum einer angehalten. Mein Begleiter meint, es sei, um die Touristen zu schützen. Ganz sicher versucht man alles, um weitere Anschläge oder gewalttätige Demos zu verhindern. Bin mal gespannt, wie es morgen in Rabat wird.


14.2.
Tag der Abreise. Ich habe im wunderschönen El Minzah in Tanger übernachtet und will gleich am Morgen zur Schnellfähre nach Tarifa. Wenn ich bei der Einreise in Nador nur 15 Minuten brauchte und deshalb am liebsten wieder dort ausgereist wäre, wurde das noch getoppt. Zum Police-Schalter, Stempel in den Pass, die Ausreisekarte hatte mir das Reisebüro gegeben. Zum Douane-Schalter, Stempel auf das Fahrzeugpapier. Zollbeamter wollte in den Pickup sehen, fragte, ob ich im Norden war, ich sagte nein, das wars. Gerade mal 5 Minuten und ich war durch. So was habe ich noch nie erlebt. Nachdem es kaum noch Fähren ab Tanger-Stadt gibt geht es hier halt sehr schnell.
Dann zur Ablegestelle. Die FRS fuhr gerade ein. Sie sieht so winzig aus. Aber was da rein passt! Eine Citroen-Rallye mit alten Fahrzeugen war auf dem Schiff, bestimmt über 100 Fahrzeuge. Viele R4s, die ja super in der Wüste sind.

15.2.
Da ich auf dem Rückweg noch einen Freund in Südfrankreich besuchen wollte stellte ich mir das Navi ein auf mautfreie Straßen direkt zum Ziel. Das war ein solches Erlebnis! Zunächst ganz normale Autovia, ganz nett, gut zum Kilometer fressen, aber nichts besonderes. Dann aber ab Benicarlo ging es in die Berge, entlang des gestauten Rio Ebro. Wunderschöne Landschaft und herrlicher Sonnenschein. Dann ging es nach Andorra. Dort war ich zum letzten Mal als Kind, mit meinem Eltern im DKW, der hat kaum die Berge hoch geschafft und damals waren dies nur Pisten. Heute sieht das schon anders aus. Zwar nur zweispurige Straße, aber kreuzungsfrei und schnell zu fahren. Andorra ziemlich eng und voll, ich habe mir nur das preiswerte Diesel gegönnt, aber keinen Einkaufsstopp gemacht. Die Zeit drängte, ich wollte noch vor dem Dunkelwerden ankommen. Auch hier noch schönes Wetter, obwohl die Sonne in das enge Andorra am Nachmittag kaum noch hinein kommt.
Und dann bin ich mitten im Winter! Was für ein Unterschied. Eben noch in Marokko, hier meterhoher Schnee. Leute in Wintersportkleidung, die Lifts fahren. Und ein Warnschild, dass die weitere Straße schneeglatt sein kann. Was habe ich mir da angetan. Aber wenn mein Ranger die Sandpisten der Wüste schafft, dann muss er das ja auch können. Und so schlimm wird’s dann auch nicht. Ich komme noch rechtzeitig vor dem Dunkelwerden in dem kleinen Örtchen an- Und wenn wir alle mal hochscrollen auf den 7.12., da sieht man wen ich an dem Tag getroffen und nun besucht habe.

17.2.
Und nun bin ich wieder zu Hause …

Gute Fahrt
Edith
Letzte Änderung: 01 Mär 2012 07:37 von Edith.

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29 Feb 2012 17:30 #9 von jester
hi edith,
danke fuer den bericht !
normalerweise lese ich ja nicht viel, aber das ist so fluessig ....
schon mal ueberlegt das als reisefuehrer in buchform zu veroeffentlichen?
mfg J

no mountain high enough
:-) HJL

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29 Feb 2012 17:41 #10 von 4Wühler
Ja Jester, der Gedanke kam mir auch so beim lesen :D

klasse Bericht Edith :k_sm19

Gruß Frank

Garderobe für das Grobe

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